Von Christian Fahrenbach
Nein, ein weiblicher Wallander ist sie sicherlich nicht, dafür fehlt ihr das Mürrische und der Hang zur Melancholie. Die Journalistin Annika Bengtzon ist trotz privater und beruflicher Probleme eher eine tatkräftige Macherin. Mit dieser Art wurde die realistisch gezeichnete Heldin in bisher sieben Romanen so etwas wie der heimliche Star der skandinavischen Krimiliteratur. In „Kalter Süden“ lässt ihre Erschafferin Liza Marklund die Reporterin des „Abendblatts“ ihren achten Fall erleben und führt sie dabei in die besseren Kreise Spaniens, hin zu den Superreichen, die hinter hohen Mauern nur scheinbar ein Leben in Sicherheit führen.
Ein Schwedenkrimi in Spanien? Ja, genau. Nicht nur Deutsche tummeln sich gerne auf der iberischen Halbinsel, in der Region um Marbella haben sich auch rund 40.000 Schweden zu einer eigenen Auswanderergemeinschaft zusammengefunden. In „Kalter Süden“ ist der ehemalige Eishockeystar Sebastian Söderström einer von ihnen. Zusammen mit seiner Familie erstickt er im eigenen Haus bei einem Giftgasüberfall. Seine alte Heimat steht unter Schock, ganz anders aber die Exilschweden im Süden. Schnell wird klar, dass einige von ihnen noch eine Rechnung mit dem in Gelddingen allzu flatterhaften Söderström offen hatten.
„Kalter Süden handelt davon, was Menschen für einen Platz an der Sonne, eine Position im gesellschaftlichen Schlaraffenland, zu tun bereit sind“, erzählt die Autorin. Wie stets merkt man den 528 Seiten an, dass Marklund dazu sauber recherchiert hat. Auch der so unrealistisch erscheinende Überfall mit Giftgas zählt laut Autorin tatsächlich zu den häufigsten Einbruchsmethoden in Spanien. Zudem kann Marklund viele Bezüge zu ihrer eigenen Biografie herstellen. Sie lebt inzwischen selbst als Autorin und Journalistin mit ihrer Familie in Marbella.
Damit bietet die Autorin auch im achten Band der Reihe mehr als das übliche „Wer war's?“-Rätsel anderer Krimis und besinnt sich auf alte Stärken. Während vor allem im Vorgänger „Nobels Testament“, die Actionschraube zu sehr angezogen wurde, bleibt „Kalter Süden“ bis auf ein rasantes Finale in Marokko deutlich glaubwürdiger. Für einen straffen Verlauf sorgt auch, dass die zuletzt etwas überbordende Privatgeschichte Bengtzons deutlich zurückgefahren wurde.
Wer also bereit ist, sich auf eine Journalistin als treibende Ermittlerin einzulassen — ganz realistisch ist diese Anordnung in ihrer achten Auflage vielleicht nicht mehr —, bekommt mit „Kalter Süden“ mehr als soliden Krimistoff, der trotz einiger missglückter Sprachbilder auch etwas anspruchsvollere Leser zufriedenstellt.
Literaturangabe:
MARKLUND, LIZA: Kalter Süden. Ullstein Verlag, Berlin 2009. 528 S., 19,90 €.
Weblink: