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Ein souveränes „Was-wäre-wenn“-Spiel

Lionel Shrivers neuer Roman „Liebespaarungen“

© Die Berliner Literaturkritik, 24.04.09

 

Seit nunmehr zehn Jahren hat es sich Irina an der Seite des etwas langweiligen, dafür aber verlässlichen Lawrence bequem gemacht. Bis zu dem Abend, an dem sie zunächst eher lustlos mit einem Freund, dem Snooker-Spieler Ramsey, Essen geht. Das Treffen verändert ihr Leben. Denn Irina fühlt sich wie aus heiterem Himmel angezogen von dem Abenteurer, und als die beiden in seinem Haus landen, muss sie sich entscheiden – zwischen der Treue zu Lawrence und der Sehnsucht nach Ramsey.

Lionel Shriver, die bereits mit „Wir müssen über Kevin reden“ ein fulminantes Buch vorgelegt hat, zeigt in „Liebespaarungen“ einmal mehr, was sie als Autorin auszeichnet: diese ganz besondere Kombination aus einer erfrischend lebendigen und bunten Sprache, Originalität, Fantasie und ein untrügliches Gespür für die seelischen Schwingungen ihrer Figuren. In dieser sehr realitätsnahen Dreiecksgeschichte spielt die Amerikanerin konsequent durch, wie es mit Irina und den Männern weitergeht. Wobei sie einmal erzählt, was sie weiter an der Seite von Lawrence erleben würde, wenn sich Irina rechtzeitig vor dem anderen Mann in Sicherheit gebracht hätte. Zum anderen malt sie aber auch aus, was Irina zu erwarten hätte, wenn sie den Sprung ins kalte Wasser wagen, die Beziehung zu Lawrence beenden und Ramsay folgen sollte. Nichts Geringeres als die Frage, was Liebe ist, wird in diesem überaus kurzweiligen Beziehungsdrama aufgeworfen.

Seit Jahren schon hatten Irina und Lawrence jeweils am 6. Juli Ramseys Geburtstag bei einem guten Dinner gefeiert, anfangs noch mit dessen Frau, nach der Scheidung ohne. Als Lawrence in einem Jahr just an diesem Tag beruflich nach Sarajewo fahren muss, drängt er darauf, dass Irina die gute alte Gewohnheit ohne ihn fortführt. Das Essen mit Ramsey allein kommt ihr zunächst langweilig vor, doch nach einigen Gläsern Wein und, nachdem man zu einem letzten Drink in sein Haus gefahren ist, einigen Zügen aus der Tüte knistert es gewaltig zwischen beiden. „Irina hatte keinen Zweifel, dass sie in diesem Moment vor der folgenreichsten Entscheidung ihres Lebens stand.“

Besonders überzeugt Shriver mit dem Ende ihres Buches: Ihre Heldin nämlich erlebt weder an der Seite des einen noch des anderen ein strahlendes Happy End. Egal, wie sie sich entscheidet – unglücklich wird sie ebenfalls mit keinem von ihnen. Ihr bleibt schließlich die Erkenntnis, „dass es keine Sicherheit gibt und auch nie welche gab“.

„Die romantische Liebe“, so sieht sie nun ein, „ist ein fest gespanntes Seil und in mancherlei Hinsicht ein Kampf, denn ständig wehrt man sich verzweifelt. Wenn nicht gegen den geliebten Menschen selbst, dann dagegen, zu seinem Sklaven zu werden.“

Von Susanna Gilbert

Literaturangaben:
SHRIVER, LIONEL: Liebespaarungen. Aus dem Englischen von Monika Schmalz. Piper Verlag, München 2009. 579 S., 19,95 €.

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