Von Gisela Ostwald
„Es war bitterkalt und die Luft mit all dem aufgeladen, was noch geschehen sollte.“ Mit diesen Worten sorgt der Amerikaner Robert Goolrick schon im ersten Satz seines Debütromans für Spannung. „Eine verlässliche Frau“ spielt im Winter 1907 im hohen Norden der USA. Ralph Truitt, ein begüterter Mann in seinen Fünfzigern, wartet am Bahnhof einer Kleinstadt in Wisconsin auf seine künftige Frau.
Truitt ist reich, sehr reich sogar. Unter den zahlreichen Bewerberinnen, die auf seine Annonce geantwortet und ihm ein Bild geschickt haben, wählt er die einfachste und, wie er glaubt, die ehrlichste Frau aus. Aber als der Zug einläuft, steigt eine andere aus als die, deren verknittertes Foto er in seiner Manteltasche hat. Catherine Land ist jung und bildschön - trotz des matronenhaften Kleides, in das sie sich gezwängt hat.
Er fühlt sich hintergegangen, will sie am nächsten Tag wieder zurückschicken. Als die Pferde auf dem Heimweg durchgehen, wird Truitt vom Wagen geworfen und schwer verletzt. Catherine übernimmt die Zügel und holt Hilfe. Ihr mutiges Handeln und ihre Pflege retten ihm das Leben. Catherine lernt, dass sich hinter dem nach außen so unnahbaren Truitt ein Mann voller Leidenschaften verbirgt. Die Beiden heiraten.
Endlich von der quälenden Einsamkeit und ungestilltem Verlangen befreit, beginnt Truitt, seine Vergangenheit aufzuarbeiten. Er schickt seine junge Frau nach St. Louis, um den verlorenen Sohn nach Hause zu holen. Geschickt nutzt Goolrick die Beschreibung der Reise, um auch den Schleier über Catherines Vergangenheit zu lüften.
Es entsteht ein Dreiecksverhältnis von tödlicher Brisanz, die Ereignisse überschlagen sich und machen es schwer, das Buch aus der Hand zu legen. Goolrick erweist sich als Meister der Überraschungen und verwöhnt seine Leser reichlich mit Drama und Tragik. Seine Beschreibung von Land und Leuten, dem unerträglichen Winter in Wisconsin, der Menschen buchstäblich in den Wahnsinn treibt, überzeugt.
Kein Wunder, dass „Eine verlässliche Frau“ es bis an die Spitze von Bestsellerlisten schaffte, unter anderem der „New York Times“, und schon in 15 Sprachen übersetzt wurde. Goolrick hatte, wie er dem Online-Dienst „Bookreporter“ in einem Interview sagte, viele Jahre nachgedacht und die Geschichte immer wieder neu zu Papier gebracht, bevor sie stimmte.
Der Schriftsteller, der zuvor jahrzehntelang in der Werbung gearbeitet hatte, beschreibt sein Debüt als Roman der Erotik, der Liebe und der Vergebung, vor allem aber als Erinnerung an seine eigene Kindheit. Unter dem Titel „The End of the World as We Know It“ hatte Goolrick 2007 bereits einen Memoirenband vorgestellt.
Literaturangabe:
GOOLRICK, ROBERT. Eine verlässliche Frau. Aus dem Amerikanischen von Martin Ruben Becker, Verlagsgruppe Random House. 352 S., 19,99 €.
Weblink: Random House