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Vorlesereise

„Lesezug“ mit prominenter Besetzung

© Die Berliner Literaturkritik, 13.11.09

DORTMUND (BLK) -­ Die Decke des S-Bahn-Sonderzugs ist mit rotem Stoff und bunten Buchstaben verkleidet. Von den Gepäckablagen hängen an bunten Schnüren beliebte Kinderbücher wie „Harry Potter“ oder „Emil und die Detektive“: An diesem Freitag ist wieder Vorlesetag in Deutschland. Die Deutsche Bahn als Hauptsponsor schickte von Dortmund aus als Highlight einen „Lesezug“ auf eine zweistündige Fahrt durch
Ruhrgebiet, Europas Kulturhauptstadt 2010.

An Bord sind knapp 120 quirlige Grundschulkinder sowie Schauspielerin Marie-Luise Marjan und ARD-Wissensguru Ranga Yogeshwar als Promi-Vorleser. Bundesweit lasen am Freitag mehr als 8000 Menschen Kindern vor, vor allem in Schulen, Kindergärten und Bibliotheken. Initiatoren des 6. bundesweiten Vorlesetages waren die Stiftung Lesen und die Wochenzeitung „Die Zeit“. Eins der Hauptziele der Vorleseaktionen ist, die Kinder für das Lesen zu begeistern.

Yogeshwar ist der Publikumsliebling des Morgens, ihn kennen die Schüler zwischen sechs und zehn Jahren aus dem Fernsehen. „Die coolsten Kids gehen in die Bücherei“, erklärt er seinen jungen Zuhörern. Um ihn herum drängen sich etwa 30 Dritt- und Viertklässler. Wer keinen Platz in seiner unmittelbaren Nähe bekommen hat, lehnt sich mit verschränkten Armen über die hinteren Sitze.

Der Wissenschaftsjournalist liest im Lesezug aus seinem eigenen Buch „Sonst noch Fragen?“. Bei ihm gerät die Lesestunde zur Wissensstunde. In kleinen Episoden lernen die Dritt- und Viertklässler etwa, was „Guten Tag“ auf Französisch heißt oder wie sie durch Zählen herausfinden können, wie weit ein Gewitter noch weg ist. Während Yogeshwar liest und erklärt, gestikuliert er mit den Händen. Der 50-Jährige ist in seinem Element. Die Kinder sind mucksmäuschenstill.

Am anderen Ende des Zuges geht es auch gerade um Blitz und Donner. Den imitieren die Kinder, sie trampeln mit den Füßen, was das Zeug hält. Marie-Luise Marjan, die „Mutter Beimer“ aus der „Lindenstraße“, hat sich, die golden umrandete Lesebrille tief auf der Nase, mit zwei Dutzend Erst- und Zweitklässlern und der Romanfigur „Ritter Rost“ auf eine literarische Reise ins „Schrottland“ begeben. Gekonnt wechselt Marjan die Tonlage zwischen dem Grafen von Zitzewitz, dem piepsigen Burgfräulein Bo und Koks, dem kleinen grünen Drachen mit der Feuerzeugnase. „Ritter-Rost“-Erfinder Jörg Hilbert hat den Kindern seine Gitarre mitgebracht. Zwischendurch wird nicht nur gelesen, sondern auch gesungen.

Es ist toll, dass uns hier vorgelesen wird“, sagt der achtjährige Mert. „Alleine hätte ich das nicht gekonnt.“ Zuhause muss der Drittklässler immer selbst lesen. Und nicht nur er. 42 Prozent aller Eltern von Kindern unter zehn Jahren lesen ihrem Nachwuchs nur unregelmäßig oder gar nicht vor, so eine Studie. „Das liegt auch daran, dass jetzt mehr Leute berufstätig sind und so viele Termine haben, dass ihnen die Zeit dazu fehlt“, sagt Vera Gelissen, Rektorin der Dortmunder Kreuzgrundschule, die mit vier Klassen an der Lesereise teilnimmt.

Zum Ende der Vorlesereise hin fällt es vor allem den Kleinen immer schwerer, sich zu konzentrieren. Vier Jungens kabbeln sich, ein paar Mädchen fallen vom vielen Vorlesen fast die Augen zu. Gelohnt hat sich der Ausflug aber auf jeden Fall, finden sie. „Das war toll, ich liebe Ritter Rost“, strahlt Zweitklässlerin Charlotte. Das sieht auch Marie-Luise Marjan so: „Alleine lesen ist zwar schön, aber in Gesellschaft ist es doch noch viel schöner.“ (dpa/wer)

Weblink:

Der Vorlesetag


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