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Einmal Krise und zurück

Elisabeth Ranks Debüt „Und im Zweifel für dich selbst“

© Die Berliner Literaturkritik, 10.08.10

Von Tina Rath

Mit der besten Freundin im Sommer spontan an die Ostsee fahren, raus aus Berlin, durch die endlose Weite Mecklenburg-Vorpommerns: das ist der Stoff, aus dem Studentinnenträume sind – oder sein könnten. Bei Lene und Tonia, den Protagonistinnen aus Elisabeth Ranks Roman „Und im Zweifel für dich selbst“, geht es nicht ganz so wildromantisch zu, denn ihr vormals unbeschwertes Leben, in dem „Nutze den Tag“ ein hübscher Spruch fürs Poesiealbum war, ist erschüttert: Lenes Freund Tim ist bei einem Autounfall gestorben. Nach Lenes Anruf hat Tonia gerade noch Zeit, ein paar Sachen zusammenzupacken, da steht Lenes Auto schon vor ihrer Tür, und die beiden fahren los, ans Meer, instinktiv.

Elisabeth Ranks Roman ist eine gelungene Kreuzung aus Roadmovie-Setting und ernsthaftem Coming-of-Age-Roman. Nie wird Rank sentimental oder kitschig, sie beschränkt sich meist auf Beschreibungen der mecklenburg-vorpommerischen Landschaft oder der äußeren Handlung der Protagonistinnen. Aber so schön sie die schon fast betäubende Ereignislosigkeit mit der vorangegangenen Erschütterung (die wir als Leser nicht direkt mitbekommen, weil wir Lene und Tonia kennenlernen, als sie Berlin schon verlassen haben) kontrastiert, so unaufgesetzt-liebevoll sie kleine Details beschreibt, eine Eigenheit sticht unangenehm ins Auge: ständig „knibbelt“ oder „zubbelt“ jemand an einem trockenen Hautstück, streicht sich die Haare aus dem Gesicht oder kratzt sich die Neurodermitis auf. Das wirkt dann leider doch ziemlich affektiert.

Der Suhrkamp-Verlag bewirbt das Debüt der jungen Autorin als „Generationenporträt und (...) Roman eines Lebensgefühls – die Geschichte der ersten echten Krise im Erwachsenenleben (...)“. Das ist ziemlich hoch gegriffen und auch irgendwie schief: Einen geliebten Menschen zu verlieren, nicht durch das Ende einer Beziehung, sondern durch den Tod, ist in diesem Alter, für diese Generation nichts, was sich zu einem „Lebensgefühl“ hochstilisieren ließe, und auch der Versuch, den Roman als „Generationenporträt“ zu etikettieren, scheitert: Dafür sind die Protagonistinnen zu skizzenhaft angelegt. Tonias Freund Friedrich, der nur am Rande auftaucht, ist gar das lebende Klischee eines Nerds, der nicht auf die Ritzen von Gehwegplatten treten und kaum unter Menschen gehen kann.

Wenn man „Und im Zweifel für dich selbst“ aber als Versuch einer Antwort auf die Frage liest, was geschehen kann, wenn zwei ganz normalen Mädchen etwas ganz und gar Unalltägliches zustößt, dann kann man sich über den in weiten Teilen gelungenen, trotz der Ernsthaftigkeit des Themas leichten Stil, über viele schöne und kluge Beobachtungen freuen, nicht zuletzt die, dass man auch nach einem solch tragischen Verlust weiterlebt und weiterleben muss – im Zweifel für sich selbst.

Literaturangabe:

RANK, ELISABETH: Und im Zweifel für dich selbst. Suhrkamp Verlag, Berlin 2010. 200 S., 12,90 €.

Weblink:

Suhrkamp Verlag


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