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Einmischen erlaubt

„Den Herrschenden ein Dorn im Auge bleiben“, lautet die Überzeugung Kemals

© Die Berliner Literaturkritik, 11.05.09

BERLIN (BLK) – Der Literaturnobelpreisträger Günter Grass (81) und der türkische Autor Yasar Kemal (85) haben ihre Überzeugung bekräftigt, dass sich Schriftsteller auch als Bürger ihres Landes in die gesellschaftspolitischen Auseinandersetzungen einmischen sollten. Kemal („Memed, mein Falke“), der „das Gefängnis als eine Schule der türkischen Schriftsteller“ ansieht, traf am Samstagabend in der Berliner Akademie der Künste mit Grass zusammen. Anlass war die Frühjahrstagung der Akademie, auf der ihr Präsident Klaus Staeck wiedergewählt wurde. Der Polit- und Plakatkünstler Staeck kündigte ebenfalls an, dass sich die Künstler in Deutschland wieder stärker in die Gesellschaftspolitik einmischen würden.

„Wir werden den Herrschenden ein Dorn im Auge bleiben“, sagte Kemal in der überfüllten Akademie am Hanseatenweg im Tiergarten. Es ist kein Heldentum, sich für Minderheiten und Unterdrückte einzusetzen, es ist unsere Aufgabe!“ Grass und alle Schriftsteller, die sich gesellschaftlich engagierten, würden „ihre Feinde und ihre Epoche überleben, ihre große Leserschar macht sie gefährlich für die Herrschenden“. Auch Grass meinte, der Schriftsteller müsse seine Stimme in der Gesellschaft erheben, denn er sei „auch Bürger in seinem Staat mit Bürgerrechten, die hart erkämpft worden sind“.

Grass forderte, dass Deutschland und die Türkei auch ihre jeweilige gesellschaftliche und kulturelle Vielfalt akzeptieren und als Bereicherung ansehen sollten. Der Nobelpreisträger plädierte zudem dafür, die „deutsch-türkische literarische Freundschaft auszubauen“. Der Türkei wünsche er „zu erkennen, dass man seiner Vergangenheit nicht ausweichen kann und der Massenmord an den Armeniern ein Teil der türkischen Geschichte ist, die es zu akzeptieren gilt so wie die Deutschen Auschwitz nicht verdrängen können“.

Grass hatte 1997 die Laudatio auf den Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels Kemal in der Frankfurter Paulskirche gehalten und dabei die Asyl- und Türkenpolitik der damaligen Bundesregierung heftig angegriffen. Kemal erzählt in seinen Romanen vom Leben in den türkischen Landregionen, von Armut, Hunger, Kurden, Nomaden und Banditen, aber auch von der Schönheit der Landschaft. „Mit Hilfe seiner Romane bin ich mit Anatolien und Istanbul und den großartigen Landschaften seiner Heimat vertraut geworden», sagte Grass in Berlin. (dpa/mel)


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