Von Ulrich Fischer
BONN (BLK) - Zwei Soldaten und eine Soldatin – möglicherweise in Afghanistan – stehen im Zentrum des Theaterstücks „Haus des Friedens“ des Dramatikers Lothar Kittstein. Mit langem und begeistertem Applaus feierten die Zuschauer am Mittwochabend in der ausverkauften Studiobühne des Theaters Bonn die Uraufführung. Der talentierte Stückeschreiber Kittstein kann sich Hoffnungen machen, den Durchbruch zu schaffen. Eine bessere Uraufführung hätte er sich kaum wünschen können. Subtil, einfühlsam und darum überzeugend ist sein Werk. „Haus des Friedens“ ist ein Stück gegen den Krieg.
Marie (Maria Munkert), Jost (Bernd Braun) und Lorenz (Konstantin Lindhorst) sind in einer unwirtlichen Gegend auf Dienstfahrt. Die Handlung setzt ein, als die Patrouille unfreiwillig unterbrochen wird: der Jeep hat einen Motorschaden. Lorenz, Marie und Jost suchen Zuflucht in einer verwüsteten Impfstation. Kaum Spektakuläres geschieht während der Tage, in denen Lorenz den Wagen repariert – Kittstein untersucht vielmehr das Verhältnis der drei Soldaten untereinander.
Jost, der Dienstälteste, vielleicht Feldwebel, hat Schwierigkeiten, seine Autorität durchzusetzen und versucht immer wieder, seine Vorgesetztenposition herauszukehren – vor allem gegenüber Marie. Er meint, sie müsse ihm zu Willen sein, schließlich ist er der Chef. Marie verunsichert die Gruppe wegen der erotischen Spannung, die sie als Frau erzeugt. Sie wehrt die Werbungsversuche der Männer ab. Dabei wird vor allem deutlich, dass Jost mit der Aufgabe, seine Stellung zu verteidigen, völlig absorbiert ist – er hat keine Zeit für den großen Konflikt, in dem er als Soldat agieren soll.
Damit steht Jost im Gegensatz zu Marie, die als einzige ihren militärischen Auftrag kennt und verteidigt. Marie will Frieden bringen und zivile Aufbauhilfe leisten. Doch ihre Worte klingen auswendig gelernt, wenig überzeugend und in ihrem Gegensatz zur realen Lage sogar hohl. Mit einem Vorgesetzten wie Jost wird sie ihren Auftrag kaum durchsetzen können. Auch Lorenz ist kein wirklich Verbündeter. Er ist scharf auf seine Kameradin und bemerkt, dass Jost als Vorgesetzter eine Niete ist.
Lorenz ist ihm überlegen, weil er sich als einziger mit dem Wagen auskennt – nur er kann die kleine Gruppe aus ihrer gefährlichen Situation herausführen. Seine Reparatur dauert lange – sehr lange. Streckt er sie, um seinen Chef zu ärgern, der ihn unter Druck setzen will? Oder hofft Lorenz auf Erfolg bei Marie, wenn sie länger bleiben? Kittstein erzeugt eine Atmosphäre der Unsicherheit und Bedrohung. Der Zusammenhalt der Gruppe, der nötig wäre, um einen Überfall der Feinde abzuwehren, fehlt. Das von Marie formulierte gemeinsame Ziel nehmen ihre Kameraden nicht ernst.
Die Voraussetzungen, Deutschland auch am Hindukusch zu verteidigen, zeichnet Kittstein denkbar ungünstig. Regisseur Stefan Heiseke erzeugt in seiner Inszenierung Spannung des, indem er die Schauspieler häufig in geradezu drangvoller Nähe agieren lässt – mitunter explodiert diese Nähe in erotischen Attacken und ihrer
Abwehr.
Das dreiköpfige Ensemble spielt glänzend, konzentriert und überzeugend. Maria Munkert gelingt das Meisterstück, die nur fadenscheinig durch Aggressionen bemäntelte Angst noch zu übergipfeln – mit einem Moment berührender transzendentaler Obdachlosigkeit. Ein Hauptgrund des Soldatenseins wird so blitzhaft erhellt: Einsamkeit. (dpa/sch)
Weblink: Theater Bonn http://www.theater-bonn.de