Von Thomas Maier
FRANKFURT AM MAIN (BLK) – Es begann mit Nick Knatterton oder Fix und Foxi: In einer Ausstellung in der Deutschen Nationalbibliothek in Frankfurt wird die Entwicklung des deutschen Comics von 1945 bis zur Gegenwart dokumentiert. Unter dem Titel „Comics made in Germany – 60 Jahre Comics aus Deutschland“ zeigt die Schau vom 23. Januar bis 24. Mai, dass sich in Deutschland eine eigenständige und lebendige Comic-Kultur entwickelt hat.
Es waren die amerikanischen Soldaten, die in der „Stunde Null“ die Deutschen mit „Comic Strips“ – komischen Streifen – vertraut machten. Diese Bildgeschichten zeichneten sich durch eine dynamische Handlung und Sprechblasen aus. Als erster deutscher Comic erschien 1947 in einem Düsseldorfer Verlag noch vor der Währungsreform ein Schwarz-Weiß-Heft mit dem Titel „Bumm macht das Rennen!“. Autor Klaus Pielert erzählte darin eine Detektivgeschichte. Als eigentlicher Klassiker gilt jedoch der von Manfred Schmidt für die Illustrierte „Quick“ geschaffene tollpatschige Detektiv Nick Knatterton.
Anfang der 50er Jahre folgten Fix und Foxi, bei denen sich Verleger Rolf Kauka von der amerikanischen Disney-Tradition inspirieren ließ. Diese wiederum wurden später als Fix und Fax in der DDR imitiert, die in diesen harmlosen Mäusegeschichten eine Antwort auf den Comic-Boom im Westen suchte. 1955 entstand in der DDR eine eigene Comic-Tradition mit dem Monatsmagazin „Mosaik“, das auch die Wiedervereinigung überlebt hat.
Waren die Bildergeschichten zuerst meist für Kinder gedacht, änderte sich dies spätestens nach der Studentenbewegung. Ab 1968 wurden zunehmend brisante Themen im Comic thematisiert – vom Nationalsozialismus bis zum Holocaust. Im Zuge des gesellschaftlichen Umbruchs wurde der deutsche Comic – inspiriert vom amerikanischen Underground – immer stärker Ausdruck der linken Subkultur und der neu entstehenden Feministen- oder Schwulen-Szene. Dafür stehen Namen wie Gerhard Seyfried, Franziska Becker oder Ralf König. Die „Neue Frankfurter Schule“ um Robert Gernhardt, Chlodwig Poth, Hans Traxler oder F.K. Waechter brachte eine eigene Satire-Kultur hervor.
In den 90er Jahren schlug dann die große Stunde von Comic-Provokateur Walter Moers („Kleines Arschloch“). Zugleich wurden Comics als Form von Romanen mit epischen Erzählungen immer anspruchsvoller. Heute gilt die Comic-Szene als breitgefächert, auch der Einfluss der populären japanischen Manga-Comics auf deutsche Autoren und Zeichner ist gewachsen.
Insgesamt habe sich der Comic in Deutschland in den letzten Jahrzehnten als literarische Gattung „emanzipiert“, lautet das Fazit von Ausstellungskurator Bernd Dolle-Weinkauff. Der „Schmuddelcharakter“ sei aber immer noch ein bisschen da. Die deutsche Comic-Kultur ist aus seiner Sicht sehr bunt, auch wenn deutsche Comics auf dem Heimatmarkt nur einen Anteil von etwa 15 Prozent haben.
Die Deutsche Nationalbibliothek hat nach dem Krieg mit dem Sammeln von deutschen Comics angefangen – allerdings mit Lücken. Daher hat zur Ausstellung auch maßgeblich das Institut für Jugendbuchforschung an der Universität Frankfurt beigetragen, das sich seit den 60er Jahren auch den Bilderstreifen widmet.
Weblink