Werbung

Werbung

Werbung

Eva Strittmatter wird 80

Dichten als Selbstbefreiung – zum 80. Geburtstag von Eva Strittmatter

© Die Berliner Literaturkritik, 08.02.10

Von Irma Weinreich

BERLIN (BLK) - Sich neben einem berühmten Menschen zu behaupten, ist schwierig genug. Eva Strittmatter ist das mehr als gelungen. Die Dichterin, die am Montag (8. Februar) 80. Geburtstag feiert, trat mit einem eigenständigen Werk aus dem Schatten des erfolgreichen Romanautors Erwin Strittmatter (1912-1994) heraus. Ihre Bücher erreichten eine Auflage von mehr als zwei Millionen Exemplaren. Die treueste Leserschaft hat sie dort, wo sie ihr Leben verbringt: zu Hause im Osten. „Die Ostdeutschen sind mit mir mitgegangen von Anfang an“, sagt Strittmatter im dpa-Gespräch. „Sehr erfreulich“ findet sie es, dass ihre Texte heute auch im Westen Deutschlands gelesen werden.

Allein mit der Rolle der Ehefrau und Gefährtin von Schriftsteller Erwin Strittmatter („Der Laden“) mochte sich die Germanistin und Lektorin nicht bescheiden. Nachdem sie zuerst mit Kinderbüchern in Erscheinung tritt, entdeckt sie mehr und mehr ihre Lust am Schreiben von Versen. Es ist der“innere Zwang“, der sie antreibt, denn Zeit hat sie dafür eigentlich nicht. In einem Zweizeiler bekennt sie: „Ich würde meine Kinder Steine essen lassen. Nur um zwei Worte zu Papier zu bringen.“

Als ihr erster Gedichtband „Ich mach ein Lied aus Stille“ erscheint, ist sie über 40. Dem „Akt der Selbstbefreiung“ folgen elf weitere Bände mit gleichermaßen poetischen Titeln wie „Mondschnee liegt auf den Wiesen“ (1975), „Heliotrop“ (1983), „Unterm wechselnden Licht“ (1990) oder „Der Winter nach der schlimmen Liebe“(2005). Neue Gedichte aus vier Jahrzehnten versammelt der im vergangenen Jahr vorgelegte Band „Wildbirnenbaum“.

Dichten heißt für Eva Strittmatter lebenslange schonungslose Selbstbefragung, ohne den Leser dabei draußen zu lassen. Die schlichte Ehrlichkeit, mit der sie über Verletzungen, Hoffnungen und Ängste, Glück, Liebe und Freundschaft, Krankheit und Tod spricht, geht unter die Haut. Wundersam lebendig und einfach schön sind ihre Naturbeschreibungen, die nach „Wind und Regen schmecken“, wie Schriftstellerfreund Hermann Kant lobt.

Eine Bilanz über Höhen und Tiefen ihrer spannungsvollen Künstlerehe liefert ihr in Gesprächen aufgezeichnetes Erinnerungsbuch „Leib und Leben“ (2008). Die Lebensumstände in ländlicher Abgeschiedenheit auf dem Schulzenhof in Dollgow (Brandenburg) – sie lebt bis heute dort - zwischen Haushalt und vier Kindern und der Arbeit ihres Mannes habe sie mitunter verwünscht.

Andererseits verdanke sie „dieser Existenz, diesem Druck“, die wesentlichen Gedichte, meint sie im Rückblick. Mitte der 50er Jahre waren die Strittmatters von Berlin aufs Land gezogen. Gegen das Schicksal einer Bauersfrau auf Lebenszeit, wie sie sich ihr Mann vorstellte, rebellierte die 18 Jahre jüngere Eva heimlich mit ihren Gedichten. Erst Freunde überredeten sie zu einer Veröffentlichung. Nach dem Tod ihres Mannes 1994 widmete sich Eva Strittmatter der weiteren Herausgabe seines umfangreichen Werks.

„Mit dem Alter muss man sich auf Situationen einstellen und nicht mit ihnen hadern“, meint Strittmatter. Längere Krankheit hat sie in den Rollstuhl gezwungen. So musste sie auch ihre Teilnahme an einer Matinee ihr zu Ehren im Deutschen Theater in Berlin absagen. An ihrem Geburtstag sei sie jedoch darauf eingerichtet, auf dem Schulzenhof „viele Menschen zu sehen“.


Bookmark and Share

BLK mit Google durchsuchen: