MAINZ/OPPENHEIM (BLK) - Wegen seiner früheren Securitate-Spitzeltätigkeit ist der Schriftsteller Peter Grosz als Leiter der Oppenheimer Festspiele abgesetzt worden. Dies beschloss der Stadtrat der 8000-Einwohner-Gemeinde nahe Mainz am Mittwochabend ohne Gegenstimme, bestätigte Bürgermeister Marcus Held (SPD) am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur dpa entsprechende Medienberichte. „Grosz war nicht mehr haltbar, wir wollten mit dem Votum weiteren Schaden von den Festspielen abwenden.“ Grosz hatte eingeräumt, in den 1970er Jahren für den rumänischen Geheimdienst Securitate Autorenkollegen bespitzelt zu haben. Er war erst seit Oktober 2009 Leiter der Theater- und Kulturfestspiele in Oppenheim.
„Ich bin persönlich sehr enttäuscht, er hätte auf jeden Fall vor Vertragsabschluss auf seine Historie hinweisen müssen“, sagte Held. Wie es nun mit den Festspielen weitergeht, steht noch in der Sternen. „Wir wollen verhindern, dass die Festspiele sterben“, stellte der Bürgermeister klar. Ob es in diesem Jahr vielleicht eine abgespeckte Variante gebe, hänge von den Verpflichtungen ab, die Grosz bereits eingegangen sei. „Das müssen wir nun erstmal prüfen.“ Die Oppenheimer Festspiele werden laut Held seit 1989 alljährlich veranstaltet und locken immer mehrere tausend Besucher an.
Grosz hatte nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen ihn in seiner schriftlichen Erklärung angegeben, auf Druck der Securitate von 1974 bis zu seiner Ausreise 1977 für den Geheimdienst als „Quelle“ deutschstämmige Autoren oberserviert zu haben. Darunter war auch der Ex-Mann der Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller, Richard Wagner. Grosz wohnt in Nieder-Olm bei Mainz und arbeitet als Lehrer. Das Mainzer Bildungsministerium prüft derzeit mögliche arbeitsrechtliche Konsequenzen.
Oppenheims Bürgermeister Held betonte, der Stadtrat habe sich nicht inhaltlich mit der Frage befasst, wie die Spitzel-Tätigkeit von Grosz für die Securitate zu bewerten ist. Klar sei aber: „Er hat das über lange Zeit verheimlicht und das macht ihn für die Funktion des Festspielleiters unmöglich.“ (dpa/sch)