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Faszinierende Post – Hans Falladas Briefe an seine Frau Anna

Die Briefe aus den Jahren 1928 bis 1946 sind auch zeithistorisch aufschlussreich

© Die Berliner Literaturkritik, 05.02.08

 

Von Andreas Heimann

BERLIN (BLK) – Hans Fallada hat geschrieben wie ein Besessener. Das gilt nicht nur für sein literarisches Werk, zu dem so erfolgreiche Romane wie „Wer einmal aus dem Blechnapf frisst“ oder „Kleiner Mann – was nun?“ gehören. Fallada hat auch Hunderte von Briefen verfasst, vor allem an seine Frau Anna Ditzen. Manchmal schrieb er ihr abends schon, kurz nachdem sie sich nachmittags gesehen hatten. Uli Ditzen, der Sohn der beiden, hat die Korrespondenz abgetippt: 905 Schreibmaschinenseiten sind so zusammengekommen. Rund ein Drittel davon hat er ausgewählt und nun herausgegeben. Das Ergebnis ist ein ebenso informatives wie faszinierendes Buch aus dem Aufbau Verlag.

Herausgeber grübeln in solchen Fällen über die Frage nach, ob das Veröffentlichen persönlicher Briefe zu verantworten ist: „Das geht keinen Menschen was an, was wir uns schreiben“, hatte Anna Ditzen betont. Und auch Hans Fallada notierte, dass die Briefe sich „nicht zum Druck eignen“. Der Sohn hat sich darüber hinweggesetzt, und das war auch gut so. Zum einen sind seine Eltern lange tot, zum anderen haben die Leser so die Möglichkeit, einen Briefwechsel zu verfolgen, der nicht nur aus literaturwissenschaftlichen Gründen spannend ist: Hans Fallada, der mit bürgerlichem Namen Rudolf Ditzen hieß, tauschte sich mit seiner Frau zwar auch über seine Buchprojekte aus, vor allem aber über Alltägliches und Persönliches.

Die Briefe aus den Jahren 1928 bis 1946 sind auch zeithistorisch aufschlussreich. Was sie aber vor allem so faszinierend macht, ist die Möglichkeit, die schwierige Beziehung zwischen den Partnern vom ersten Kennenlernen, über die Kriegsjahre bis zur Scheidung und Falladas zweiter Ehe zu verfolgen. Den ersten Brief schrieb Fallada, bald nachdem er aus mehr als zweijähriger Haft wegen Unterschlagung entlassen worden war. Der Ex-Häftling mit Drogenerfahrung war da schon 35 Jahre alt, Anna acht Jahre jünger. Per Post kamen sie sich näher. Und manchmal hat man den Eindruck, nie konnten sie ihre Gefühle besser zeigen, nie offener sein als beim Briefeschreiben.

Die Korrespondenz hat immer dann Lücken, wenn beide sowieso in einem Haus wohnten, wie später im mecklenburgischen Carwitz. Aber zwischendurch gab es regelmäßig Phasen, in denen beide getrennt waren und sich intensiv austauschten – über die drei Kinder, die ständigen finanziellen Nöte, Falladas gesundheitliche Probleme, seine Morphium-Abhängigkeit, seine neue Partnerin. Falladas letzter Brief aus der Nervenklinik der Berliner Charité datiert vom 20. Dezember 1946. Am 5. Februar darauf ist der Autor gestorben.

Literaturangaben:
FALLADA, HANS / DITZEN, ANNA: Wenn du fort bist, ist alles nur halb. Briefe einer Ehe. Herausgegeben von Uli Ditzen. Aufbau Verlag, Berlin 2007. 518 S., 24,95 €.

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