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Fiese Fabeln

Fabelhaftes von David Sedaris

© Die Berliner Literaturkritik, 10.12.11

MÜNCHEN (BLK) – Im Februar 2011 ist im Blessing Verlag „Das Leben ist kein Streichelzoo. Fiese Fabeln“ von David Sedaris erschienen. Georg Deggerich hat es aus dem Amerikanischen übersetzt.

Klappentext: Die Bücher über sein Leben hat Bestsellerautor David Sedaris längst als eigenes literarisches Genre etabliert. Aber er kann auch anders. Das Leben ist kein Streichelzoo: Davon können die Tiere, die Sedaris in seinen sechzehn subtil fiesen und wahrhaft komischen Fabeln auftreten lässt, ein Lied singen. Bleischwer senkt sich peinlich berührtes Schweigen über den Friseursalon des Pavians, der seine Kundin, eine Katze, gerade leichtfertig durch eine Bemerkung über Körperpflege mit der Zunge verstört hat. Guten Mutes folgt das Schaf auf der Weide den Meditationsübungen einer Krähe, nicht ahnend, dass die Sache für sein kleines Lämmchen nicht gut enden wird. Ungläubig lauscht die Laborratte im Käfig den Theorien eines Neuzugangs, wonach körperliche Gesundheit lediglich eine Frage der positiven Einstellung ist.

David Sedaris, geboren 1956 in Johnson City, New York, aufgewachsen in Raleigh, North Carolina, lebt abwechselnd in Frankreich und den USA. Er schreibt u. a. für „The New York Times“, „The New Yorker“ und „Esquire“. Mit seinen Büchern „Naked", „Fuselfieber“ oder „Ich ein Tag sprechen hübsch“ wurde er zum Bestsellerautor. Zuletzt erschien im Blessing Verlag „Schöner wird's nicht" (2008).

Leseprobe:

©Blessing©

Die Katze und

die Pavianin

Die Katze war zu einer Party eingeladen und ging zur Pavianin, um sich schick machen zu lassen. „Was für eine Party ist es denn?", fragte die Pavianin, während sie der Katze zur Entspannung den Nacken massierte, wie sie es bei allen ihren Kundinnen machte. „Hoffentlich nicht das Erntedankfest unten am Fluss. Meine Schwester ist letztes Jahr dort gewesen und hat gesagt, sie hätte noch nie ein so rüdes Volk erlebt. Zwei Opossums hätten eine Schlägerei angezettelt, und dabei sei die Frau eines der beiden gegen einen Baumstumpf geschubst worden und habe sich vier Zähne ausgeschlagen.Noch dazu recht hübsche, nicht so gelbe Dinger wie bei den meisten Tieren, die sich von Abfällen ernähren."

Die Katze erschauerte. „Nein", sagte sie. "Nur ein Treffen unter Freunden. Die Sorte Feier."

„Gibt’s was zu essen?", fragte die Pavianin.

„Irgendwas", seufzte die Katze. „Keine Ahnung, was genau."

„Ist auch eine schwierige Angelegenheit“, sagte die Pavianin. „Jeder hat seinen eigenen Geschmack. Der eine mag Blätter, und der andere kann sie nicht ausstehen. Die Gäste sind heutzutage so wählerisch, dass ich einfach nur noch eine Schale mit

Erdnüssen hinstelle, soll die essen, wer mag.“

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 „Also, Erdnüsse wären nichts für mich“, sagte die Katze. „Ganz und gar nicht.“  

„Na, dann hält man sich eben an die Getränke. Der Trick ist nur, zu wissen, wann man genug hat.“

„Damit habe ich kein Problem“, prahlte die Katze. „Ich trinke, bis ich abgefüllt bin, und dann stehe ich auf und gehe. Das habe ich schon immer so gemacht.“

„Eine sehr vernünftige Einstellung. Nicht so wie bei einigen hier in der Nachbarschaft.“ Die Pavianin zupfte einen Floh vom Kopf der Katze und steckte ihn sich behutsam in den Mund. „Letzte Woche zum Beispiel war ich auf einer Hochzeitsfeier, letzten Samstag war’s, glaube ich. Zwei Kaninchen unten vom Sumpf haben geheiratet, Sie haben bestimmt davon gehört.“

Die Katze nickte.

„Also, ich mag ja kirchliche Trauungen, aber das war eine, bei der die Brautleute sich selbst ihre Treueschwüre schreiben. Die hatten beide noch nie einen Stift in der Hand gehabt, aber mit einem Mal halten sie sich für die größten Dichter, als bräuchte man dazu nicht mehr als verliebt zu sein.“

„Mein Mann und ich haben auch unsere eigenen Treueschwüre geschrieben“, wandte die Katze ein.

„Natürlich“, erwiderte die Pavianin, „nur hatten Sie einander vermutlich auch was zu sagen, nicht so wie diese Sumpfkaninchen, die haben ihre Liebe mit einem zarten Schössling oder was weiß ich verglichen. Und während der ganzen Feier hat daneben ein Eichhörnchen auf einer Harfe oder so was geklimpert.“

„Bei meiner Hochzeit hat auch jemand Harfe gespielt“, sagte die Katze, „und es war wunderschön.“

„Das glaube ich gerne, aber Sie hatten bestimmt einen richtigen Musiker engagiert, der auch spielen konnte. Dieses Eichhörnchen hatte garantiert nie eine Unterrichtsstunde gehabt. Hat die Saiten mit seinen Krallen beharkt, als hätte es eine Mordswut auf das Instrument.“

„Es hat bestimmt sein Bestes gegeben“, sagte die Katze.

©Blessing©


Literaturangabe:

SEDARIS, DAVID: Das Leben ist kein Streichelzoo. Fiese Fabeln. Aus dem Amerikanischen von Georg Deggerich. Blessing Verlag, München 2011. 176 S., 14,95 €.  

Weblink:

Blessing Verlag


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