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„Flashige“ Bilder, die das Herz erwärmen

Der Bildband „Mjunik Disco“ von Mirko Hektor

© Die Berliner Literaturkritik, 02.03.09

 

Es gibt so ein Gefühl der Gewissheit, bei etwas ganz Großem dabei gewesen zu sein. Das ist manchmal ein Schlag ins Gesicht, der einem nicht entgeht: die Landung auf dem Mond. Der Fall der Berliner Mauer. Die Vereidigung Barack Obamas als erster schwarzer US-Präsident. Manchmal aber ist es auch ein unbestimmtes, leises, dafür aber umso wahrhaftigeres Gefühl. Weil man etwas nicht nur im Fernsehen gesehen oder im Radio gehört, sondern tatsächlich dabei gewesen ist.

An einem guten Buch wie Mirko Hecktors „Mjunik Disco“ – den Bildband über die Geschichte des Münchner Nachtlebens von 1949 bis heute – dabei zu sein zum Beispiel. Eine kleine Anekdote beizusteuern, ein, zwei Absätze vielleicht nur, oder ein Bild. Und trotz der geringen Größe des eigenen Beitrags fühlt man, dass da am Ende ein Konglomerat von Coolness entsteht, dem man gerne das eigene Ego opfert.

Und das ist kein Wunder: Schon von außen kommt „Mjunik Disco“ in charmanter Neon-Glitzer-Optik daher, die einen nicht nur tanzen macht, sondern einem auch das Herz erwärmt. Innen schließlich kommt er in bezaubernd flashigen und trashigen Bildern und ebenso wildbunten

Anekdoten und Texten von unter anderen DJ Hell, Moritz von Uslar und Patti Smith auf spielerische Weise fünfzig Jahren Münchner Partygeschichte nahe.

Dabei ist es genau dieses Patchwork-artige, diese altruistische Gemeinschaftlichkeit, die „Mjunik Disco“ über andere Bildbände erhebt. Viele Köche verderben bekanntlich den Brei. Aber die Vielzahl an Erinnernden bringt ein Produkt hervor, das nicht von nur einem Produzenten hätte hergestellt werden können. Das nur deswegen so hell strahlt, weil es aus so vielen unterschiedlich großen Lichtern besteht. Am Ende ist eben das Weniger jedes Autors, das gesamt gesehen ein großes und gewaltiges Mehr bedeutet. Da laufen die Fotografien, Collagen und Textbausteine ineinander und ergeben doch keinen undurchsichtigen Quark, sondern einen schauderhaften schönen Trip.

Und die (logische) Frage taucht auf, warum der Blumenbar Verlag am laufenden Band so brillante Bücher heraus bringt. Die einzige Antwort: Er ist eine Sammelstätte für Menschen, die ein goldenes Händchen dafür haben, wunderbare Dinge zu tun.

Schafft man es schließlich, „Mjunik Disco“ aus der Hand zu legen, bleibt die Gewissheit, etwas Großes und Schönes betrachtet zu haben. Man beneidet die, die an der Entstehung beteiligt waren. Ob sie daran nun einen großen oder nur einen kleinen Anteil hatten. Denn ganz im olympischen Geiste: Dabei sein ist alles.

Von Martin Spieß

Literaturangaben:
HECKTOR, MIRKO: Mjunik Disco. Blumenbar Verlag, München 2009. 196 S., 29,90 Euro.

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