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Frauenhass hat Tradition – Die Geschichte eines Vorurteils

Frauenfeindlichkeit war „Common Sense“, schreibt Holland – ähnlich wie Antisemitismus

© Die Berliner Literaturkritik, 22.01.08

 

Von Andreas Heimann

FRANKFURT AM MAIN (BLK) – Benazir Bhutto war für hasserfüllte Islamisten das prädestinierte Opfer. Sie war gebildet, selbstbewusst – und eine Frau. Ihre Attentäter ermordeten die pakistanische Politikerin nicht nur deswegen, aber Frauenhass ist eine Konstante in der Ideologie politisch radikaler Moslems. Doch gerade von denen, die beim Thema Frauendiskriminierung schnell mit dem Finger auf den Islam zeigen, wird oft übersehen, dass Frauenfeindlichkeit auch in der jüdischen und christlichen Kultur tief verwurzelt ist. Der irische Autor Jack Holland hat darüber ein kluges, detailreiches Buch geschrieben. Unter dem Titel „Misogynie – Die Geschichte des Frauenhasses“ ist es gerade bei Zweitausendeins erschienen.

Als er Freunden von dem Projekt erzählte, klopften die ihm kumpelhaft auf die Schulter: Die Männer rechneten damit, er werde so richtig gegen die Emanzen vom Leder ziehen. Aber Holland meinte es ernst. Sein Buch geht der Kulturgeschichte der frauenfeindlichen Vorurteile nach und setzt dabei früh an: Schon antike Philosophen wie Platon waren überzeugt von der Überlegenheit der Männer. In der griechischen Kultur gehörten Frauen in die Küche und in die hinteren Zimmer – Politik, Kunst, Philosophie galt als Männersache. Und im Römischen Reich war es ganz ähnlich.

Daran hat sich lange Zeit nichts geändert. Holland hat zahllose Belege dafür gefunden – von der Geringschätzung der Frauen durch Paulus über den buchstäblich mörderischen Hexenwahn des Mittelalters bis in die Moderne. Frauenfeindlichkeit war „Common Sense“, schreibt Holland – ähnlich wie Antisemitismus. Mit einem wichtigen Unterschied: Misogyne Vorurteile sind älter und weiter verbreitet, buchstäblich kulturübergreifend. Ein erschreckendes Beispiel war das Taliban-Regime in Afghanistan. Frauen durften sich dort nicht mit Männern unterhalten und mussten Burka tragen. Ihnen war nicht erlaubt, einen Beruf auszuüben, zur Schule zu gehen oder sich zu schminken – Verstöße wurden drakonisch bestraft.

Viele von Hollands Thesen sind nicht neu. Aber sein Buch trägt sie auf intelligente Weise zusammen. Schon das war eine Fleißarbeit. Manche Einschätzungen bleiben bei dieser breitangelegten Darstellung zwangsläufig an der Oberfläche – bei der Beschreibung der NS-Frauenpolitik zum Beispiel. Dennoch bleibt das Buch so interessant wie das Thema aktuell.

Literaturangaben:
HOLLAND, JACK: Misogynie. Die Geschichte des Frauenhasses. Deutsch von Waltraud Götting. Mit einem Nachwort von Marlene Streeruwitz. Verlag Zweitausendeins, Frankfurt am Main 2008. 403 S., 19,90 €.

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