STOCKHOLM (BLK) – Die Freiheit des Wortes ist nach Ansicht der beiden verfolgten Autoren Roberto Saviano und Salman Rushdie weltweit in Gefahr. Journalisten und Schriftsteller von China über Mexiko bis nach Simbabwe seien bedroht, betonten sie am Dienstag (25. November) bei einer Veranstaltung in Stockholm zum Thema Meinungsfreiheit. Organisiert hatte die Diskussion die Schwedische Akademie, die jährlich den Literaturnobelpreis vergibt. Der Italiener Saviano und der britisch-indische Autor Rushdie werden wegen ihrer Werke mit Mord bedroht. Beide wurden von Sicherheitsleuten bewacht, als sie vor etwa 450 Zuhörern in Stockholm sprachen.
Saviano hat mit seinem Roman „Gomorrha“ den Zorn der Mafia beziehungsweise der neapolitanischen Camorra auf sich gezogen. Gegen Rushdie hatte der frühere religiöse Führer im Iran, Ajatollah Khomeini, eine Todesdrohung ausgesprochen. Grund war Rushdies Roman „Die satanischen Verse“, der angeblich den Propheten Mohammed beleidige.
Mit ihrer Einladung an beide Schriftsteller vollzog die Akademie eine Kehrtwende. Sie hatte Ende der 80er Jahre alle Forderungen nach öffentlicher Solidarität mit Rushdie zurückgewiesen. Zwei von 18 Jury-Mitgliedern stellten daher aus Protest ihre Mitarbeit ein.
Aufforderungen zur öffentlichen Unterstützung für Saviano hatte der Ständige Sekretär der Schwedischen Akademie, Horace Engdahl, zunächst ebenfalls abgewiesen. Es gehe um eine „rein polizeiliche Angelegenheit“, meinte er früher. In der Schwedischen Akademie soll es daraufhin zu heftigen Auseinandersetzungen über die von Engdahl per Mail an Medien verschickte Stellungnahme gekommen sein.
Der Akademie-Sekretär betonte hingegen jetzt auf der Veranstaltung zum Thema „Das freie Wort und die gesetzlose Gewalt“ in Stockholm, die Todesdrohung gegen Rushdie habe damals ein Schlaglicht auf den religiösen Fundamentalismus geworfen. Die Mafia-Drohungen gegen Saviano nannte er eine Privatisierung des Gewaltmonopols.
Saviano betonte, seine erste Reaktion auf die Drohungen gegen ihn sei das Gefühl gewesen: „Das ist ungerecht“. Er sagte weiter: „Deine eigenen Worte haben dir deine Freiheit genommen, deine Freiheit hinzugehen, wohin du willst, und einfach zu existieren.“
Rushdie fürchtet, dass die Grenzen dessen, was öffentlich ausgesprochen oder diskutiert werden kann, immer enger werden. Bedrohte Autoren müssten darum kämpfen, ihr Leben in den Griff zu bekommen. Alle praktischen Dinge – zum Beispiel ein Flugticket zu buchen oder ein sicheres Haus zu finden – kosteten eine Menge Zeit. (dpa/mir)
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