Von Gisela Ostwald
Neil Klugman ist ein junger Jude. Er kommt aus dem Arbeiterviertel von Newark, nur durch den Fluss getrennt von der Stadt New York. Neil hat Philosophie studiert, ist ein Einzelgänger und in einem schlecht bezahlten Job in der öffentlichen Bücherei. In einem Schwimmbad trifft er auf die attraktive Brenda Patimkin.
Sie ist reich, verwöhnt, studiert an einer Elite-Universität, hat viele Freunde und interessiert sich weitaus mehr für Sport als für Bücher. Dennoch gibt sie Neils Werben nach, führt ihn bei sich zu Hause ein und stürzt sich mit ihm in eine leidenschaftliche Affäre.
Einen Sommer lang hält die Liebe. Am Ende gesteht sich das ungleiche Paar ein, dass die Kluft zwischen ihnen, ihrer Herkunft und den gesellschaftlichen Erwartungen zu groß ist, dass es Lust ist, was sie verbindet, nicht gegenseitiges Verstehen und wahre Liebe.
Philip Roth, der wie sein Romanheld im armen Newark aufwuchs, noch heute kontaktscheu ist, ohne innere Bindung zur eigenen Familie, nimmt in „Goodbye, Columbus“ die Konflikte der jüdischen Diaspora aufs Korn. Der Kurzroman sowie die fünf Erzählungen, die sich in dem 320-Seiten-Band anschließen, handeln von der Isolation jüdischer Einwanderer in den ethnischen Ghettos und der Anpassung der zweiten und dritten Generation an den American Lifestyle.
Roth wurde für sein Erstlingswerk mit dem National Book Award ausgezeichnet. Die bittersüße Liebesgeschichte, das Spiegelbild der amerikanischen und jüdischen Klassengesellschaft, gewann mit Ali MacGraw und Richard Benjamin in den Hauptrollen eine Oscar- Nominierung und einen Golden Globe.
Ein halbes Jahrhundert später gehört Roth zu den großen Literaten der USA. Zu seinen Auszeichnungen gehören ein weiterer National Book Award, ein Pulitzer-Preis und drei PEN/Faulkner Awards. Jahr für Jahr wird der inzwischen 77-jährige Autor wieder als Spitzenkandidat für einen Literaturnobelpreis gehandelt. 31 Romane hat er geschrieben, die Zuckerman-Trilogie, „Sabbaths Theater“ und „Amerikanisches Idyll“.
Seit jeher ein schonungslos offener Beobachter seiner selbst und seiner Umgebung, sind Roths letzte Werke depressive Bestandsaufnahmen vom Alter: Einsamkeit und Verlorenheit, nachlassende geistige Kräfte und der Verfall des Körpers. „Jedermann“ beginnt mit der Beerdigung des Protagonisten und blickt zurück auf seine letzten von Depression gezeichneten Lebensjahre. In „Die Demütigung“ verliert ein einst gefeierter Bühnenstar Aufträge, Ausstrahlung und die Ehefrau. Er lässt sich in die Psychiatrie einweisen und wählt am Ende den Freitod.
Literaturangabe:
Philip Roth: Goodbye, Columbus, in einer Übersetzung von Herta Haas, Hanser Verlag, München, 320 Seiten, Euro 21,50, ISBN 978-3-446-23065-1.