Mosleys Detektiv „Easy“ sucht den „Cinnamon Kiss“
Walter Mosley, seit etlichen Jahren Autor von Serien, Jugend- und Science-Fiction-Büchern, gilt für viele nach wie vor als Leitstern der afroamerikanischen Krimiliteratur. Auch im neuen Werk „Cinnamon Kiss“ geht er über Leichen. Er versetzt seine Leser in das Jahr 1966: Sein Serienheld „Easy“ Rawlins hat Geldsorgen, weil er seiner Tochter eine teure medizinische Behandlung in der Schweiz bezahlen muss. Kurz bevor er kriminell wird, vermittelt ihm ein Freund einen neuen Klienten: Easy soll einen Bürgerrechts-Anwalt finden, der verschwunden ist — ebenso wie dessen Assistentin Cinnamon. Schnell wird klar, dass der Jurist ermordet wurde, seine junge Assistentin versteckt sich aus Angst um ihr Leben. Auch in „Cinnamon Kiss“ gibt es zeitgeschichtliche Bezüge. Bevor Easy schließlich eine Verschwörung mit ihren Wurzeln in den dunklen Kapiteln der US-Geschichte aufdeckt, findet er sich in der aufkeimenden Hippie-Bewegung wieder. Die Rassenunruhen spielen eine tragende Rolle, Nazi-Insignien kommen vor, die Bürgerrechtler ebenfalls. Aber diese Bezüge treten in dem spannenden Krimi hinter den persönlichen Befindlichkeiten und Sehnsüchten des Protagonisten zurück.
„Septagon“ gewährt Blick über die Schulter des Mörders
In einem Keller ohne Wasseranschluss wird die Leiche einer Ausreißerin entdeckt — das Mädchen ist ertrunken. Die beiden Detective Byrne und Balzano stehen vor einem Rätsel in Richard Montanaris viertem Thriller-Band „Septagon“. Weitere Leichen folgen, bis eine exzentrische Expertin für ein altes chinesisches Formen- und Legespiel nach ihrem Selbstmord ein kryptisches Wort aus Scrabble-Steinen auf dem Tisch hinterlässt. Beiden Polizisten wird klar: Hier treibt ein Serienmörder sein Spiel. Wer dieser Mörder ist, weiß der Leser sehr schnell, denn Montanari schenkt ihm eine Stimme und sehr viel Raum. Ludo, ein verhinderter Zauberer, nimmt sich die ganze Stadt als Spielfeld für seine „Kunstmorde“. Die Ermittler tappen hingegen bis zum Schluss im Dunkeln. Krimitypische Spannung kommt zwar nicht auf, auch gibt es nur wenige überraschende Wendungen — dennoch fesselt das Buch. Denn die Einsichten in die gestörte Seele eines Mörders und der Blick über seine Schulter bei der kalten Vorbereitung der Taten ist schaurig.
Lindells „Eismann“ soll kaltblütig gemordet haben
Eine junge Frau wird getötet, und ein kleiner Junge verschwindet spurlos. In beiden Fällen soll „Der Eismann“ seine Finger im Spiel gehabt haben — heißt es zumindest in Unni Lindells gleichnamigem neuem Krimi, einem weiteren Fall für Inspektor Cato Isaksen. Als Nachfolgerin für seinen gestorbenen Kollegen kommt eine junge Ermittlerin ins Team, die der zur Abwechslung mal zickige Cato nicht ausstehen kann. Beide machen sich gemeinsam an die Arbeit, als eine junge Osteuropäerin tot vor den Toren einer Cateringfirma gefunden wird, in der sie illegal arbeitete. Der Eismann war ihr Freund, könnte er sie überfahren haben? In der Nähe des Eiswagens stand auch ein sieben Jahre alter Junge, als er zuletzt gesehen wurde. Ein Zufall? Auch Lindells neues Krimiabenteuer liest sich ganz wunderbar realitätsnah und nachvollziehbar. Sie nimmt immer wieder neue Handlungsstränge auf, die sie gegen Ende stimmig zusammenfügt.
Rätselhaftes „Buch ohne Namen“ von „Anonymous“
Schon Titel und Autor sind rätselhaft: Unter dem wenig ausgefallenen Künstlernamen Anonymous präsentiert ein Schriftsteller sein deutlich blutgetränktes Werk „Das Buch ohne Namen“. Ebenso mysteriös ist Inhalt: Da wird die — natürlich — fiktive Stadt Santa Mondega von zwielichtigen Gestalten beherrscht. In den Bars herrscht Rauchpflicht, eine Sonnenfinsternis steht bevor, und ein blauer Stein hütet ein Geheimnis — er soll seinem Besitzer Macht verleihen und die ewige Dunkelheit hervorrufen. Also machen sich Mönche ebenso wie ein Kopfgeldjäger, die Polizei und die Untoten auf die Jagd nach dem Stein. Für Leser mit schwachen Nerven dürfte das Gemetzel unter diesen Gruppen weniger unterhaltend sein. Nicht ganz zufällig kommen bei dem literarischen Gemisch aus Krimi und Fantasy vage Erinnerungen hoch an die abgedrehten Ideen eines Douglas Adams und die zynischen, allzu blutrünstigen Streifen eines Quentin Tarantino. Der Vergleich hinkt allerdings deutlich, denn „Das Buch ohne Namen“ reicht mit seiner Qualität nur bedingt an diese Vorbilder heran.
„Der Zirkel des Dämons“ eröffnet Fantasy-Trilogie
Ring frei für die nächste Fantasy-Trilogie: Unter dem Titel „Der Zirkel des Dämons“ präsentiert Sarah Rees Brennan den ersten Teil ihres dreibändigen literarischen Ausflugs in die Welt der Magier, Kobolde und berüchtigten Rächer. Ihre beiden Helden, die Brüder Nick und Alan Ryves, Alans Freundin Mae und ihr Bruder Jamie werden vom magischen Zirkel des Obsidian verfolgt. Dessen Anführer „Black Arthur“ hat Nicks und Alans Familie schon lange im Visier. Die Freunde stellen sich dem Bösewicht entgegen, der übliche Kampf Davids in Form der Kameraden gegen Goliath beginnt. Rees Brennan hat sicherlich einen spannenden, nicht zuletzt aber wenig innovativen Ansatz gefunden, um ihre jugendlichen Leser zu binden. Sie schmeißt diese allerdings mit rasantem Taktschlag ins kalte Wasser, weil sie auf jegliche Einführung verzichtet. Die Autorin geht geschickt der Gefahr aus dem Weg, genretypisch Gut gegen Böse zu setzen, und sie lässt den Helden und ihren Gegnern Raum für Charakter.
Literaturangaben:
MOSLEY, WALTER: Cinnamon Kiss. Ein Easy Rawlins Krimi. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2009. 319 S., 9,95 €.
MONTANARI, RICHARD: Septagon. Verlag Lübbe, Bergisch Gladbach 2009. 460 S., 19,95 €.
LINDELL, UNNI: Der Eismann. S. Fischer Verlag, Frankfurt 2009. 379 S., 8,95 €.
ANONYMUS: Das Buch ohne Namen. Lübbe Verlag, Bergisch Gladbach 2009. 447 S., 16,95 €.
BRENNAN, SARAH REES: Der Zirkel des Dämons. Cbt Verlag, München 2009. 448 S., 17,95 €.
Weblinks:
S. Fischer Verlag / Verlag Lübbe / Cbt Verlag