Tod im Kurbad: Ein Fall für Thomas Raabs Metzger
Nun schon zum dritten Mal muss der behäbige Held von Thomas Raabs Krimireihe, der Restaurator Willibald Adrian Metzger seine Werkstatt verlassen und einen Mord aufklären. „Der Metzger geht fremd“ führt den Detektiv wider Willen in einen Kurort, wo seine Geliebte Daniela auf dem Grunde des eigentlich zur Gesundung gedachten Bades die Leiche des August-David Friedmann findet und umgehend ihren Willibald um Hilfe bittet. Ihre ersten Recherchen ergeben als Motiv der Bluttat Eifersucht, aber als es ein weiteres Opfer zu beklagen gibt, deutet alles auf eine veritable Familientragödie hin. Verwirrende Hinweise, ins Nichts führende Spuren und Abstecher in die Gedankenwelt zweier Meeresbewohner machen den Krimi des mit dem Glauser-Preis geehrten Verfassers zu einem skurrilen Lesevergnügen, an dem alle ihren Spaß haben werden, denen es weniger um einen stringenten Krimiplot geht als vielmehr um unerwartete Wendungen und schräge Typen
Porträt eines Ausnahmesportlers: „Laufen“
Jean Echenoz ist Prix Goncourt-PreiThomas Raabsträger und hat nach „Ravel“ mit „Laufen“ ein weiteres Kleinod vorgelegt, ein literarisches Denkmal des Langstreckenläufers Emil Zatopek, der „tschechischen Lokomotive“. Dass das Porträt, das der Autor von dem Läufer malt und in dem er biografische Daten mit einer fiktiven Romanfigur verbindet, nicht zu einer drögen Heldenverehrung geraten ist, liegt an dem locker-leichten Ton, in dem der schmale Band geschrieben ist. Zwei historische Daten prägen das Leben des Wunderläufers: die Besetzung seiner Heimat 1939 durch die Deutschen und der Prager Frühling 1968, dem durch den Einmarsch der Russen ein jähes Ende bereitet wurde. Dazwischen rannte er von Erfolg zu Erfolg. Sein Dress bei Wettkämpfen war in Rot gehalten, Ausdruck der proletarischen Revolution, der sich Zatopek zeitlebens verbunden fühlte. Dass er ein Nationalheld war, bewahrte ihn nicht davor, für sein Engagement im Prager Frühling für acht Jahre ins Arbeitslager geschickt zu werden und sich dann als Müllmann verdingen zu müssen, wo er von der Bevölkerung umjubelt wurde, sobald sie ihn irgendwo erkannte
Kronzeuge und Mädchen: Giampaolo Simis Mafiakrimi
Rosa ist nach einem abgebrochenen Philosophiestudium bei der italienischen Polizei gelandet und erhält gleich einen brisanten Auftrag, der zur Grenzerfahrung für sie werden wird. Sie soll einen jungen Mafioso, der als Kronzeuge gegen einen Clan aussagen soll, an einem geheimen Ort bewachen, bis er seine Aussage gemacht hat und ins Zeugenschutzprogramm aufgenommen werden kann. Schnell wird klar, dass der Mafia der Aufenthalt von Cociss, dem jungen drogenabhängigen Aussteiger, längst bekannt ist. Rosa flieht mit ihm und schließt mit ihm einen Pakt: Wenn sie ihn erfolgreich in die Freiheit führen kann, serviert er ihr und den Ermittlern den seit Jahren gesuchten capo die capi, den Oberboss. Giampaolo Simi hat mit „Camorrista“ einen spannenden, in lakonischer Sprache geschriebenen Krimi verfasst, der tiefe Einblicke in die Welt der Mafia gibt. So wie die beiden Protagonisten immer mehr zu Getriebenen werden, folgt ihnen der Leser atemlos auf ihrer gefährlichen Flucht.
Sadistisches Hobby in „Gleich bist du tot“
„Gleich bist du tot“ warnen der perfide Brady und seine Freunde ihre Opfer, während sie ihrem gemeinsamen „Hobby“ nachgehen. Sie machen sich in Lain McDowells neuem Krimi einen Spaß daraus, junge Frauen zu entführen und sie in aufwendigen Inszenierungen mit dem Tod zu bedrohen. Zwar lassen die Sadisten ihre Opfer im letzten Moment laufen. Doch es ist nur eine Frage der Zeit, bis alles aus dem Ruder läuft und es den ersten Toten gibt. Detective Chief Inspector Jacobson und sein Team machen sich in ihrem vierten Fall auf die Jagd. Während McDowall die Erzählperspektiven der Ermittler und der Täter gut wechselt und die Stimmung aus einer Welt der Oberflächlichkeiten, aus Videoüberwachung und Psycho-Folter gekonnt beschreibt, fehlt es seinen zahlreich auftretenden Haupt -und Nebenfiguren an Tiefe. Die Spannung kommt abstrakt daher, die Atmosphäre wirkt kalt. „Gleich bist du tot“ ist kein „page turner“, aber gut konstruierte Krimikunst
Giftmischerin Flavia löst „Mord im Gurkenbeet“
Flavia de Luce ist eine liebenswerte Detektivin, entsprungen dem Jugend-Krimi des Kanadiers Alain Bradleys. Nicht gerade attraktiv kommt sie daher, aber sie ist selbstbewusst und hat eine feine Spürnase. In ihrer Freizeit mischt Flavia Gift und löst ihren ersten Fall - einen „Mord im Gurkenbeet“. Das mag überraschen: Denn Flavia ist erst elf Jahre alt. Und der Mann, dessen Leiche sie da im Beet ihrer Familie entdeckt, hat sich ausgerechnet vor seinem Tod mit ihrem Vater gestritten. Nun versucht sie, die Unschuld ihres schweigsamen Vaters zu beweisen. Ihr Fachwissen aus dem Chemielabor der verstorbenen Mutter hilft dem Mädchen da sehr weiter. „Mord im Gurkenbeet“ ist der gelungene Auftakt einer Serie, die Bradley nach seinem Debüt um die freche Detektivin plant. Keineswegs nur ein Jugendbuch, auch Erwachsene dürften ihren Spaß haben an der Seite Flavias. Der Krimi sprüht vor Ironie, lässt an Spannung dennoch nichts vermissen und ist amüsant.
Literaturangabe:
RAAB, THOMAS: Tod im Kurbad. Penhaligon Verlag, München 2009. 384S., 19,95 €.
ECHENOZ, JEAN: Laufen. Piper Verlag, München / Zürich 2009. 359 S., 18,95, €.
SIMI, GIAMPAOLO: Camorrista. Berlin Verlag, Berlin 2009. 128 S., 18,00 €.
MCDOWELL, LAIN: Gleich bist du tot. Bertelsmann Verlag, München 2009. 352 S., 19,95 €.
BRADLEY, ALAIN, Mord im Gurkenbeet. dtv Verlag, München 2009. 400 S., 8,95€.
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