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Generation Feminismus: „Neue deutsche Mädchen“ und „Wir Alphamädchen“

Keines der Bücher zum neuen Feminismus ist allerdings eine literarische oder stilistische Glanzleistung

© Die Berliner Literaturkritik, 28.05.08

 

Von Susanne Schmetkamp

Es gab die „Generation Golf“, die „Generation Ally“, die „Generation Praktikum“. Und nun gibt es wieder eine andere Generation: Die „Neuen deutschen Mädchen“ oder auch die „Alphamädchen“. So jedenfalls lauten Bücher von Berliner und Münchner Autorinnen, die die Generation der heute 30-Jährigen, und zwar vor allem der Frauen, abbilden wollen. Jana Hensel und Elisabeth Raether aus Berlin sowie Meredith Haaf, Susanne Klingner und Barbara Streidl repräsentieren dabei den neuerlichen Trend des „neuen Feminismus“: Was wollen Frauen heute? In ihren Büchern reflektieren sie darüber – mal witzig und intelligent, mal fade und naiv, mal spekulativ und kindlich.

Hensel (Jahrgang 1976) und Raether (Jahrgang 1979), die eine gebürtig aus dem Osten, die andere aus dem Westen Deutschlands, analysieren in ihrem gemeinsamen Buch „Neue deutsche Mädchen“ ihr Leben und Lieben in Berlin und Hamburg. „Wir haben überlegt, wie es ist, heute eine Frau zu sein“, lautete die gemeinsame Motivation. Eine Überlegung, wie sie zuletzt auch die Autorin Charlotte Roche in ihrem Roman „Feuchtgebiete“ angestellt und dabei eine neue Offenheit von Frauen gegen einen Schönheitswahn postuliert hat – mit Erfolg: Das Buch führt seit Wochen die Bestsellerlisten an.

Anders als Roche (30) mit ihrer 18-jährigen, freizügigen Kunstfigur Helen, schildern Hensel und Raether dokumentarisch und subjektiv ihre eigenen Erfahrungen als Frauen und Freundinnen: wie sie sich in Paris kennenlernten, zusammen Urlaub in Kalifornien machten, wie sie die Nachwendezeit in Berlin miterlebten und zahlreiche Männer liebten. Diese Erlebnisse betten sie dann zum Teil in übergreifende analytische Betrachtungen über unsere Zeit und über das Frausein an sich ein. „Als ich das Frausein entdeckte, war das ein Schock für mich.“ Feminismus und Emanzipationserwartungen überforderten die beiden anfangs.

Nicht klar wird bei den Autorinnen, die abwechselnd schreiben, ob sie sich als allgemeingültige weibliche Repräsentanten ihrer Generation und ihres Geschlechts sehen oder als spezifisch Berliner Frauen aus der Medien- und Kulturszene, womit sie nur einen kleinen Ausschnitt der Gesellschaft bilden.

Vorbei ist für diese Frauen wie für die anderen Autorinnen die Identifikation mit der traditionellen Feministin Alice Schwarzer. Hensel, die 2002 mit ihrem autobiografischen Buch „Zonenkinder“ bekannt wurde, schildert im ersten Kapitel des neuen Buches ihre Eindrücke beim Jubiläum der Zeitschrift „Emma“: „Man kennt diese Geschichte. Alice Schwarzer erzählt sie schon sehr lange. Fast genauso lange, wie sie Feminismus macht, erzählt sie auch die Geschichte des Feminismus. Er muss ihr früh als etwas Historisches erschienen sein.“

Nun also wollen sie frischen Wind in die Frauenwelt bringen. Hensel / Raether machen das mit ihren subjektiven Schilderungen, Roche mit ihrem pornografischen „Skandalbuch“. Und mit ähnlichen Thesen, geschrieben wie eine Art aufrüttelndes Pamphlet, kommt da der Beitrag der Münchner Autorinnen Meredith Haaf, Susanne Klingner und Barbara Streidl daher: „Wir Alphamädchen. Warum Feminismus das Leben schöner macht“: „Wir können uns den Feminismus doch zurechtzimmern, wie wir es für die heutigen Umstände als angemessen und sinnvoll erachten. Der alte Feminismus hat keine Lösung für das Dilemma ‚Beruf oder Familie’? Dann muss der neue Feminismus eine finden.“ Gesucht und gefordert wird er in allen relevanten Bereichen: Werbung, Medien, Sex, Familie.

Zur Untermauerung der Thesen werden Zeitungsartikel, Studien und feministische Theorien hinzugezogen – da sind interessante, aber nicht neue Überlegungen zur aktuellen Debatte über die Rolle der heutigen Frau in der Gesellschaft dabei. Neu ist allenfalls die Sicht auf Pornografie, wie sie Roche und eben auch die drei Münchner Autorinnen vertreten. „Gute Pornografie kann durchaus Spaß machen und sogar inspirierend sein“, schreiben die „Alphamädchen“. Es komme nur darauf an zwischen Frauen verachtender und erotischer Stimulierung von Erwachsenen, und zwar Männern und Frauen, zu unterscheiden.

Keines der Bücher zum neuen Feminismus allerdings – und das macht es zum Teil schwer, sie ernst zu nehmen – ist eine literarische oder stilistische Glanzleistung. „Ständig muss die Natur herhalten für die Behauptung, die Geschlechter seien nun mal so (…) Klingt gruselig nach Freiheitsberaubung, oder?“, heißt es in kindlich-naivem Stil bei den „Alphamädchen“. Elisabeth Raether schreibt: „Ich weiß aber noch, ich war wütend auf ihn und wollte auf keinen Fall, dass er meine Wut bemerkte.“ Sie sind zuweilen amüsant zu lesen und leisten einen Beitrag zur Debatte, aber unbedingt notwendig sind sie nicht, um die Perspektive der heute 30-Jährigen kennenzulernen.

Literaturangaben:
HAAF, MEREDITH / KLINGNER, SUSANNE / STREIDL, BARBARA: Wir Alphamädchen. Warum Feminismus das Leben schöner macht. Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2008. 253 S., 19,95 €.
HENSEL, JANA / RAETHER, ELISABETH: Neue deutsche Mädchen. Rowohlt Verlag, Reinbek 2008. 208 S., 16,90 €.

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