Von Steffi Prutean
ERKNER (BLK) - Sie reihen sich wie an einer Schnur, die mit dem Dramatiker Gerhart Hauptmann (1862-1946) verbundenen Häuser in Deutschland und Polen. Im Riesengebirge stehen sein Elternhaus und die Villa Wiesenstein, in der er bis zu seinem Tod wohnte. Auf der Ostsee-Insel Hiddensee verbrachte der Nobelpreisträger von 1912 so manchen Sommer, dort ist er auch begraben. In Erkner im Stadtrand von Berlin lebte er vier Jahre. Aus dem Hohenhaus in Radebeul stammte seine erste Frau. Es gibt Besucher, die diese Route abfahren. 2003 schlossen sich vier Einrichtungen - Hohenhaus ist in Privatbesitz - zu einem Verbund zusammen, der zunächst über EU-Mittel, von 2008 an projektbezogen durch Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und den Bund finanziert wird.
„Es sind vier Originalschauplätze“, sagt Wolfgang de Bruyn. Der Direktor des Kleist-Museums Frankfurt (Oder) war Initiator des Verbundes. Zusammen erarbeiteten die Häuser Ausstellungen, einen Literatur-Reiseführer in deutscher und polnischer Sprache, Informationsblätter. Die Museen in Erkner und auf Hiddensee werden die Bestände der vier Häuser erschließen und für Interessenten elektronisch zugänglich machen, nennt de Bruyn, der Mitglied im Stiftungsrat auf Hiddensee ist, Pläne. Von Januar an informiert ein Newsletter über Vorhaben.
Vorgesehen sei auch eine gemeinsame Ausstellung über die Zeichnerin Charlotte E. Pauly (1886-1981). Sie kam mit dem letzten Zug aus Schlesien, in dem die Leiche des Dichters überführt wurde. Die Museen in Schreiberhaus (Szklarska Poreba) und Agnetendorf (Jagniatkow) bemühen sich um Rekonstruktion der historischen Parks, in denen der Dichter auf „Produktivspaziergängen“ unterwegs war. Er schrieb Dramen wie „Der Biberpelz“, „Die Weber“ und „Die Ratten“.
Hauptmann brauchte das Spannungsverhältnis Gebirge-Meer für sein Schaffen, meint Stefan Rohlfs, Leiter des Gerhart-Hauptmann-Museums Erkner: „Hauptmann hat seine Wohnorte sehr nach Landschaften ausgesucht. Der Aufenthalt in der Natur war für ihn ganz wichtig. Er ging viel spazieren, mit einem Notizblock in der Hand.“ Dabei sammelte und notierte der Goethe-Verehrer Dinge, die er später in seine Werke einbaute. „Das war eine ganz wichtige Arbeitsmethode für Hauptmann.“ „Kein Tag ohne Zeile“ - sei sein Arbeitsmotto gewesen.
Das Museum Erkner widmet sich den Jahren 1885 bis 1889, als der Dichter im Ort wohnte. „Wir zeigen einen Archivstempel, Gegenstände seiner Kunstsammlung und Möbel von verschiedenen Wohnorten“, sagt Rohlfs. Auch ein Teil der Nachlassbibliothek ist in Erkner, wohin jährlich rund 8000 Interessierte kommen. „Die Besucher wollen sich einen Überblick verschaffen.“ Viele interessiere die Zeit in Erkner, seine Werke sowie seine Haltung im Nationalsozialismus. Hauptmann gehörte zu den Dichtern, die nicht emigrierten, sondern sich eher still und angepasst verhielten.
Am 17. Januar startet das Museum sein diesjähriges Programm mit Lesungen, Filmvorführungen und Kabarett. Wissenschaftler befassen sich bereits mit dem 150. Geburtstag von Hauptmann 2012. Es gebe erste Absprachen mit der Staatsbibliothek Berlin - dort lagert sein Nachlass - für eine Ausstellung, sagt de Bruyn. Eine wissenschaftliche Tagung sei im Gespräch. An den Vorbereitungen beteiligten sich auch die Hauptmann-Gesellschaften in Deutschland und Polen. De Bruyn hat den Eindruck, dass Menschen in Polen diesen Teil der deutschen Geschichte inzwischen stärker als Teil ihrer Geschichte annehmen. Der Literatur-Reiseführer sei stark nachgefragt. Besucher würden zielgerichtet in diese Region reisen.
Für de Bruyn ist der Verbund eines der wenigen Projekte, die im deutsch-polnischen Dialog gut laufen. „Die Kooperation funktioniert, ist von beiden Seiten ehrlich gewollt“, sagt er.