Werbung

Werbung

Werbung

Geschichten über die Eigenarten des Mannes

Die Anthologie „Ein Mann eine Frage“, herausgegeben von Heike Bräutigam und Claudia Senn

© Die Berliner Literaturkritik, 24.01.08

 

MÜNCHEN (BLK) – Dass Männer nie reden, wenn sie sollen, und dass sie deswegen den Frauen ein Rätsel bleiben, das ist ein Missstand, den dieses Buch ändern will. Warum Männer verwahrlosen, wenn man sie alleine lässt, warum sie so gerne Luftgitarre spielen, was ein Mann allein an der Bar macht – auf diese Fragen erhält man endlich klare Antworten von Frank Goosen, Axel Hacke, Harald Martenstein, Martin Suter, Jan Weiler und vielen anderen. (Klappentext/wag/wip)

 

Leseprobe:

© Verlag Antje Kunstmann ©

 

Warum reden Männer immer über sich selbst?

Hören Sie, so allgemein kann ich die Frage nicht beantworten. Lassen Sie es mich am Beispiel meiner selbst erklären … Na ja, kleiner Scherz jetzt.

Stimmt es überhaupt, dass Männer immer über sich selbst reden? Sonst heißt es doch jeweils, sie würden zu wenig reden. Meine Frau las neulich Kurzgeschichten von Raymond Carver, blickte auf und sagte, in der Story hier komme ein Paar vor, das folgende Regel aufgestellt habe: Jedes halbe Jahr darf sich jeder vom anderen was wünschen, und der andere muss sich dran halten.

„Hmmmm“, machte ich.

„Darf ich mir gleich mal was wünschen?“

„Hmmmm.“

„Öööööh“, machte sie, steckte die Zunge zwischen die Lippen und machte ein blödes Gesicht. „Typisch, ich rede über unsere Beziehung, du machst ‚Öööööh’.“

„Ich habe nicht ‚Öööööh’ gemacht, ich habe ‚Hmmmm’ gemacht.“

„Du hast ‚Öööööh’ gemacht.“

„Das müsste ich wissen, oder, wenn ich ‚Öööööh’ gemacht hätte? Ich habe ‚Hmmmm’ gemacht, weil ich manchmal ‚Hmmmm’ mache, wenn ich nachdenke. ‚Öööööh’ mache ich nie.“

Aber wenn ich nachdenke … Es stimmt, dass die meisten Männer, wenn sie nicht schweigen, über sich selbst reden.

Ein schönes Exemplar ist meiner Freundin M. begegnet. Sie hatte – beruflich – einen Termin bei einem Politiker in Rom, der früher Chefarzt war. M. ist eine attraktive Frau, der Mann sah sie und hör te nicht eine Sekunde zu, was sie wollte. Sondern erzählte vom Leben als Chefarzt, seiner Segen spendenden Arbeit – und wie ihm das Klinikpersonal zu Füßen gelegen habe.

„In Deutschland“, sagte M. irgendwann spitz, „haben wir für Ärzte wie Sie einen Terminus: Halbgötter in Weiß.“ Unser Mann begriff die Ironie nicht, er rief: „Woher wissen Sie, wie sie mich in der Klinik nannten? Sie nannten mich Gott!“

Warum also reden Männer über sich selbst? Wir sehen: um Frauen ins Bett zu bekommen. Der Mann, der einer Frau gegenübersitzt, will ein Bild von sich entwerfen, das ihr gefallen soll. Wenn er nichts sagt, denkt er, sie hat es gern, wenn Männer cool-schweigsam sind. Wenn er ihr Fragen stellt, hat er in einem Ratgeber gelesen, dass Frauen es ögen, wenn man sie fragt. Wenn er sich als gottähnliche igur darstellt, denkt er, sie würde gern mal mit Gott schlafen.

Sicher führt das meistens nicht zum Erfolg, gewiss führen Männer sich dabei albern auf. Aber balzende Männchen sind überall lächerlich. Oder finden Sie den sich spreizenden Täuberich, der um eine Taube herumtrippelt, nicht lustig?

Noch mal zur Frage. Männer reden natürlich auch deshalb über sich selbst, weil sie von nichts anderem eine Ahnung haben. Wobei Übersichselbstreden heißt: über das reden, was einen beschäftigt. Was man so macht. Dass der neue BMW X 5 einen halben Meter länger sein wird als der alte. Dass Kreutzmaier im Frühmeeting Unfug erzählt hat. Sie müssen übrigens auch noch über etwas reden, wenn sie fest liiert sind. Sie können dann nicht nur ‚Hmmmm’ oder ‚Öööööh’ machen, das ist ihnen selbst zu wenig.

Der Feuilletonchef einer großen Zeitung hat mal zu mir gesagt, er könne über meine Kolumnen der letzten Wochen nichts sagen, weil er sie nicht gelesen habe. Das heiße nicht, dass er sie nicht möge. Sondern bloß, dass sie keine Bedrohung für ihn darstellten. Er lese nur, was ihn und seinen Job bedrohe. Wenn also Günter Grass seine SS - Jugend offenbare, dann lese er Grass, müsse ihn lesen, weil Nichtlesen für ihn gefährlich sein könne.

Ich leite daraus ab, dass Frauen, die möchten, dass ihr Mann über etwas anderes redet als sich selbst, sein gewohntes Leben irgendwie bedrohen müssen. Aber das wissen die Frauen inzwischen selbst, glaube ich. Ob es ihnen was nützt? – Tja …

Einer der folgenreichsten Irrtümer von Männern ist: zu glauben, Frauen würden von ihnen erwarten, dass sie über ihre Gefühle reden. Ihre Ängste. Ihr Inneres. In Wahrheit möchten Frauen nur über einen Teil dieser Gefühle etwas hören, über die Gefühle nämlich, die sich auf sie beziehen, die Frauen. Frauen möchten, dass Männer nicht über sich selbst reden, sondern über Frauen. Beziehungsweise: über eine bestimmte Frau.

Das ist aber nur so ein Gefühl. Danach bin ich gar nicht gefragt worden. Was rede ich überhaupt!?

Axel Hacke

© Verlag Antje Kunstmann ©

Literaturangaben:
BRÄUTIGAM, HEIKE / SENN, CLAUDIA (Hrsg.): Ein Mann eine Frage. Mit Illustrationen von Jan Kruse. Verlag Antje Kunstmann 2008. 160 S., 14,90 €. (Das Buch erscheint am 4. März 2008.)

Verlag


Bookmark and Share

BLK mit Google durchsuchen: