Von Michael Kieffer
BERLIN (BLK) - Nach der Lektüre bleiben die Gegensätze im Gedächtnis: Einerseits das fast schon kitschig schöne Bild des Sonnenballs, der abends am Horizont vor Kaliforniens Küste untergeht. Andererseits die Schilderung von illegalen Einwanderern, die sich durch die mexikanische Wüste quälen, um dann doch nur soziale Not vorzufinden. Beides gehört offenbar zum Sehnsuchtsland USA. „Amerika provoziert, irritiert“, schreibt der Journalist Helmut Sorge. In seinem Buch „Ab nach Amerika!“ lässt er 27 Auswanderer erzählen. Und auch er selbst kommt zu Wort. Sorge hat für das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ viele Jahre in den USA verbracht.
Einer darf natürlich nicht fehlen im Reigen der Deutschen, die es auf die andere Seite des Atlantiks verschlagen hat: Thomas Gottschalk. Er könne sich seine Fröhlichkeit leichter erhalten, wenn er sich von der deutschen Nachdenklichkeit und vom Pessimismus abkoppele, schreibt der „Wetten, dass...?“-Moderator. „Die Leichtigkeit der Amerikaner, die in Deutschland gern als Oberflächlichkeit bewertet wird, macht für mich das Leben einfacher und angenehmer.“ Selbst in Zeiten der Finanzkrise herrsche bei den Amerikanern die Einstellung: „Man, I will make it“ - Ich werde es schaffen.
„Gleichwohl habe ich meine Existenz nicht exklusiv auf die USA ausgerichtet“, schreibt Gottschalk. Der Moderator pendelt zwischen den Kulturen - und so erzählt das Buch von Helmut Sorge auch ein bisschen von Heimweh. Symptomatisch dafür ist der Text von Frederic Prinz von Anhalt, in dem der adoptierte Adelige vom Karneval in Düsseldorf und Köln schwärmt.
Die Auswanderer, die in „Ab nach Amerika!“ zu Wort kommen, blicken auf unterschiedliche Karrieren. Da ist zum Beispiel Oliver Bendig, der wie so viele in Sorges Buch einer Leidenschaft für Autos frönt. Zu Geld gekommen ist er mit Erotik-Clubs. Da ist Maria Schicker, eine von fünf Frauen in „Ab nach Amerika!“. Sie hatte sich einst kritisch über die DDR geäußert, verschwand im Stasi-Knast und machte sich später als Kostümbildnerin in Hollywood einen Namen. Und da ist ein Uwe Schulz, der unter falschem Namen von seinem Leben als Illegaler erzählt.
In dem Buch bekommt der Leser nicht nur eine Amerika-Geschichte, sondern gleich noch eine ausführliche Journalisten-Biografie geliefert. Sorge, 1942 in Hamburg geboren, war jahrelang „Spiegel“-Korrespondent in Washington und Los Angeles. Seine Karriere kreuzte sich mit denen, die nun in „Ab nach Amerika!“ erzählen.
„Was ist dieses Amerika?“, fragt Sorge, ohne eine eindeutige Antwort geben zu können. Es sind vor allem die Widersprüche, so viel wird deutlich: „Die Unendlichkeit der Natur, die unberührte Schönheit, die grenzenlose Ignoranz mancher US-Bürger, die begnadete Intelligenz der anderen.“
Literaturangabe:
SORGE, HELMUT: Ab nach Amerika! Ausgewanderte erzählen. Heyne Verlag, München 2009. 496 S., Euro 24,90 €.
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