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„Grenzgang“ von Stephan Thome

Der beklemmende Alltag zweier Mittvierziger

© Die Berliner Literaturkritik, 17.08.09

Von Simone Andrea Mayer

Sieben lange Jahre passiert einfach nichts. Kerstins Alltag ist festgefahren, eingeschlafen nach der Scheidung von ihrem Mann. Allein kümmert sie sich um ihre demente Mutter und trauert um ihre verblasste Liebe und eine Tänzer-Karriere. Dann wird der „Grenzgang“ gefeiert, ein Dorffest, das nur alle sieben Jahre stattfindet. Kerstins Umgebung wird in diesen Tagen aus dem Alltag gerissen. Aufregung macht sich breit — und Kerstin muss entscheiden, ob sie stehen bleiben will oder endlich ihre selbst auferlegten Grenzen sprengt.

Stephan Thomes Debütroman „Grenzgang“ ist eine beklemmende Beschreibung des Alltags zweier Mittvierziger. Kerstin und Thomas haben zugelassen, dass ihre Träume, Ambitionen und Verliebtheiten der früheren Jahre der Langweile und der Routine des Alltags mit familiären und beruflichen Verpflichtungen weichen. Vor sieben Jahren sind sich beide beim Dorffest begegnet. Damals waren bei beiden die sicher geglaubten Strukturen im Umbruch: Kerstins Ehe war am Ende, Thomas Karriere an der Universität und seine Beziehung ebenfalls. Ihre Einsamkeit trieb sie in einer Nacht erst zusammen und ließ sie dann verschämt einander ausweichen. Sieben Jahre vergehen, in denen beide das Glück anderer aus der Ferne betrachten.

Das Buch stellt die einfache Frage, wie man der Unzufriedenheit und dem grauen Alltag entkommen soll, wenn man nichts dagegen unternimmt. Kerstin und Thomas versinken lieber in Selbstmitleid, als dass sie Neues wagen. Die Schwäche der Darstellung ist dabei gleichzeitig ihre Stärke: Langatmig beschreibt Thome die Monotonie des Alltags und springt in Erinnerungen und Gegenwart hin und her. Das langweilt den Leser stellenweise wie es ihm gleichzeitig den grauen, langweiligen Alltag von Kerstin und Thomas verdeutlicht. Man wartet förmlich darauf, dass etwas passiert, dass beide endlich aus ihrer Haut fahren, in die Hände klatschen und etwas unternehmen. Doch es ist keine Rosamunde-Pilcher-Geschichte mit absehbarem Wendepunkt und Happy-End in rosarot. Thome beschreibt Realität — dafür lohnt sich die Lektüre.

Literaturangabe:

THOME, STEPHAN: „Grenzgang“. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2009. 454 S., 22,80 €.

Weblink:

Suhrkamp Verlag


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