Von Wilfried Mommert
BERLIN (BLK) - Die Theaterwelt trauert um Christoph Schlingensief, der am Samstag (21.8) im Alter von 49 Jahren in Berlin seinem Krebsleiden erlag. Künstler und Politiker würdigten den am 24. Oktober 1960 in Oberhausen geborenen Theater-, Film- und Opernregisseur als bedeutenden Theatermann, „einer der größten Künstler, der je gelebt hat“, wie die österreichische Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek meinte. Mit ihr hatte Schlingensief an der Wiener Burg zusammengearbeitet. „Ich dachte immer, so jemand kann nicht sterben. Das ist, als ob das Leben selbst gestorben wäre“, meinte die Autorin.
Schlingensief soll im engsten Familienkreis beigesetzt werden, wie dpa am Sonntag (22.8) erfuhr. Allerdings soll es auf seinen Wunsch auch ein „Theaterfest“ geben, dessen Einzelheiten noch nicht feststehen. Statt Blumen wünscht sich die Familie Spenden für Schlingensiefs im Bau befindliches Operndorf in Burkina Faso.
„Die Walküren begleiten den Krieger nach Walhall“, schrieb Katharina Wagner, die neue Leiterin der Bayreuther Richard-Wagner- Festspiele, in einem Nachruf am Sonntag („B.Z.“). Sie hatte die Nachricht vom Tod Schlingensiefs mitten in einer „Public-Viewing“- Vorstellung der „Walküre“ in Bayreuth erhalten. „Ich bin tief erschüttert, schockiert und traurig“, sagte sie der Nachrichtenagentur dpa. „Es tut mir wahnsinnig leid - vor allem, weil er so gekämpft hat.“
Der Theaterregisseur und Intendant der Wiener Festwochen, Luc Bondy, würdigte Schlingensief als „lebenspendenden Anarchisten“ und „eine große Figur der deutschen Kultur“. Der Theatermacher und ehemalige Intendant unter anderem der Münchner Kammerspiele, Frank Baumbauer (64), bezeichnete Schlingensief als „großartigen Wachrüttler“. „Mit seinen neuen Theaterformen und veränderten Wertigkeiten hat er uns durch seine Verhaftungen in der Wirklichkeit wieder und wieder aus unseren netten Nestern herausgeworfen“, sagte Baumbauer der dpa.
Das Schauspielhaus Zürich nannte Schlingensief einen „shakespeareschen Narr im besten und im abgründigsten Sinne“. Berlinale-Direktor Dieter Kosslick würdigte den Regisseur als einen „großen Filmemacher und politischen Künstler“, der sich mit seiner Kunst auch gegen Rassismus und Menschenrechtsverletzungen engagiert habe. Der Präsident der Berliner Akademie der Künste, Klaus Staeck, meinte in seinem Nachruf, mit Schlingensief sei ein Künstler „von ungeheurer Sprengkraft, künstlerisch wie politisch“, gestorben.
Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) würdigte Schlingensief als einen der vielseitigsten und innovativsten Künstler. Zu seinen Stilmitteln habe nicht selten auch die Provokation gehört, „mit der er ganz bewusst auch über den Kulturbereich hinaus Kontroversen auslösen und irritieren wollte.“ SPD-Bundestagsfraktionschef Frank- Walter Steinmeier warb dafür, Schlingensiefs Projekt in Burkina Faso Wirklichkeit werden zu lassen.
Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sagte: „Ein großer Theatermann hat die Bühne verlassen“. Schlingensiefs Name sei mit dem Ruf der von Frank Castorf geleiteten Berliner Volksbühne als einem großen gesamtdeutschen Theater verbunden. Schlingensief war Anfang 2008 an Lungenkrebs erkrankt. Er gehörte zu den bedeutendsten Regisseuren der Gegenwart.
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