Werbung

Werbung

Werbung

Grossers Autobiografie: „Die Freude und der Tod“

Der Publizist und Kritiker zieht in seinem jüngsten Buch Bilanz

© Die Berliner Literaturkritik, 11.06.11

GROSSER, ALFRED: Die Freude und der Tod, Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2011, 288 S., 19,95 €.

Von Andreas Heimann

Alfred Grosser ist in Deutschland kein Unbekannter. Aber oft wird er nur wahrgenommen als geschätzter Sonntagsredner und als der große alte Mann der deutsch-französischen Freundschaft. Aber Grosser ist viel mehr: ein kritischer Beobachter des Zeitgeschehens, der über mehr als ein halbes Jahrhundert lang viele Diskussionen und Debatten in Deutschland und Frankreich mitgeprägt und manche erst angestoßen hat. Davon erzählt sein neuestes Buch „Die Freude und der Tod“.

Unterstützen Sie dieses Literaturmagazin: Kaufen Sie Ihre Bücher in unserem Online-Buchladen - es geht ganz einfach und ist ab 10 Euro versandkostenfrei! Vielen Dank!   

Es ist keine klassische Autobiografie, aber doch eine intensive Beschäftigung mit dem eigenen Leben, lesenswert und oft sogar unterhaltend. Leichte Lektüre ist es dennoch nicht: Es hat keinen linearen Aufbau, behandelt sehr unterschiedliche Themen und geht oft sehr ins Detail.

Grosser ist jetzt 86 Jahre alt, hat mehr als 30 Bücher geschrieben, zahllose Auszeichnungen bekommen vom Friedenspreis des Deutschen Buchhandels bis zum Bundesverdienstkreuz mit Stern und Schulterband. Für den Fall seines Todes ist das Begräbnis schon organisiert, seine Todesanzeige schon vorbereitet, das Grab steht bereit.

Grosser erzählt davon ohne Pathos. Der Publizist blickt zufrieden und „mit Freude“ zurück, zieht Bilanz, gibt sich und seinen Lesern Rechenschaft über das intellektuelle Fundament, auf dem er steht und an dem er selbst mitgebaut hat.

Eloquent, intelligent, oft quer zur Mehrheitsmeinung, ein mit einer Katholikin verheirateter Atheist aus einer jüdischen Familie, in Deutschland geboren, in Frankreich aufgewachsen - Grosser hat sich nie in Schubladen packen lassen. Im Gegenteil, er ist einer, der mit Lust aufbegehrt, sich aus Prinzip und Überzeugung gegen Positionen wehrt, die zum Dogma geworden sind. Und vor allem einer, der selbst kritisch Stellung nimmt.

Auch in seinem jüngsten Buch gibt es dafür viele Beispiele, ob Grosser die Ignoranz der Banken angreift, die der Krise zum Trotz ihren Managern Boni in Millionenhöhe gezahlt haben oder ob er die Verführungstechniken der Werbung geißelt, die uns dazu bringt, Produkte nur zu kaufen, weil unser Begehren nach ihnen künstlich geweckt wird. Genauso greift er die politischen Eliten an, den französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy etwa, dem er das gleiche anmaßende Amtsverständnis vorwirft wie seinem Vorgänger Charles de Gaulle – „mit mehr Kleinlichkeit und weniger Würde“.

Ein Leisetreter war er nie. Das gilt auch für seine Arbeit als Journalist, die schon 1945 begann. Grosser hat für etliche Zeitungen geschrieben, nicht nur für „Le Monde“, zwei Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs erstmals eine Artikelserie über Jugendliche in Deutschland. Populär war das damals eher nicht. Gerade das hat ihn motiviert. Den Franzosen wollte er Deutschland erklären, den Deutschen Frankreich. Etliche Bücher, zahllose Artikel und wissenschaftliche Arbeiten sind so entstanden. Auch diese Rastlosigkeit hat zu dem Ruf beigetragen, den er beiderseits des Rheins genießt. „Die Freude und der Tod“ hilft, noch besser zu verstehen, was ihn angetrieben hat.

Weblink: Rowohlt Verlag


Bookmark and Share

BLK mit Google durchsuchen: