FRANKFURT (BLK) - Der Schriftsteller Günter Grass (81) hat sich selbst als verrückt nach Zukunft bezeichnet, „nach dem Möglichen, das sich entwickeln kann“. In einem Interview der „Frankfurter Rundschau“ (Samstag) sagte der Nobelpreisträger, seine Kinder seien der Meinung, er solle ruhiger werden und das Alter genießen. „Aber es hilft nichts. Ich kann nicht anders als schreiben.“
Die Vorstellung, ewig zu leben, ist für den Schriftsteller eine Horrorvorstellung. „Die Welt würde aus Greisen bestehen“, sagte Grass. Er selbst schließe auch einen Selbstmord nicht aus. „Ich bin sehr schmerzempfindlich. Wenn ich die Diagnose bekäme, dass ich unheilbar krank bin, und wenn das mit körperlichen Schmerzen verbunden wäre, würde ich einen Weg suchen, das Leiden abzukürzen.“ Das habe er mit seiner Frau schon besprochen.
Auch wenn er davon ausgehe, dass die Welt ein Chaos ist, wolle er sich doch weiter politisch betätigen. „Ich wünsche mir ein Chaos mit verbesserter Ausführung“, erklärte Grass sein politisches Engagement. Im derzeitigen Bundestagswahlkampf setze er sich erneut für die SPD ein: „Das Minimalziel ist die Verhinderung einer schwarzgelben Koalition mit der FDP.“ Für ihn gehöre auch zu seiner Arbeit als Schriftsteller die Parteinahme dazu. „Wer sich als Künstler nicht einlässt auf die Dinge, die ihn umgeben,..., auf das gelebte Leben, der kann nicht zu jener Dichte gelangen, die Kunst erst ausmacht“, sagte Grass.
Die schwindende Wahlbeteiligung erklärte Grass mit einem „Machtmissbrauch“. „Was wir gegenwärtig erleben, ist, dass die Macht von Personen ausgeübt wird, die gar nicht gewählt sind, den Lobbyisten, die mittlerweile bis in die Gesetzgebung hinein tätig werden“, sagte er. „Das hat zur Folge, dass die Bürger nicht mehr zur Wahl gehen, weil sie spüren, dass die Leute, die sie wählen, gar nicht das Sagen haben.“ (dpa/ber/mül)