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Hari Kunzrus Roman über einen Ex-Revolutionär

Hari Kunzrus Roman „Revolution“

© Die Berliner Literaturkritik, 04.08.08

 

Von Susanna Gilbert-Sättele

Das geruhsam dahin dümpelnde Leben des Michael Frame, eines „Familienmenschen mit Häuschen im Grünen“, gerät heftig ins Strudeln, als ein alter Kumpel auftaucht und Michaels Vergangenheit offenbart. Just vor seinem 50. Geburtstag konfrontiert ihn Miles, der Bekannte aus früheren Tagen, mit dem, was er so gern vergessen hätte und nicht einmal seiner Frau Miranda gestanden hat: dass er früher einmal, in den 60er und 70er Jahren, Demonstrant, Hausbesetzer und schließlich militanter „Revolutionär“ im Untergrund gewesen war. Und dass er andere verraten hat, um sich ein sorgloses Leben als unauffälliger Bürger zu erkaufen.

Einmal aufgeschreckt durch Miles Auftauchen erinnert sich der Protagonist in Hari Kunzrus Roman „Revolution“ an die Enge des Elternhauses, seine frühe Flucht in die vermeintliche Freiheit, seine ersten Begegnungen mit linken Gruppen und sein Abtauchen in den bewaffneten Kampf. Dabei weiß sich der 39 Jahre alte Autor bestens in die Befindlichkeiten jener junger Leute hinein zu versetzen, die in der Ära der Studentenbewegung für Ideale kämpfen wollten, deren Weg aber manchmal in Illegalität und Gewalt mündete. Als Michael, der damals noch Chris hieß, sich zum ersten Mal „auf den Weg zu einem Kampf“ machte, hatte er „einen metallischen Geschmack im Mund, wie immer, bevor ich etwas Gefährliches tat.“ Doch erst, als die Aktionen seiner Gruppe in Terroranschlägen gipfelten, und seine Geliebte Anna getötet wurde, hatte er sich zu Ausstieg und Flucht entschlossen.

Diese Erinnerungen überfluten den Ex-Revolutionär aber nicht allein, weil Miles ihn nötigen will, sich den Behörden zu stellen und „auszupacken“. Die Beweggründe des einstigen Kumpanen sind zwielichtiger Natur: Miles sägt im Auftrag ihrer politischen Gegner am Sessel der Sicherheitsstaatssekretärin, die einst zu linken Zirkeln gehörte und Michael kannte. Für den allerdings gibt es noch einen ganz anderen Grund, sich mit der verdrängten Vergangenheit auseinanderzusetzen: In einem Urlaub glaubt nämlich Michael, in einer zufällig vorbeigehenden Frau seine ehemalige Mitstreiterin Anna wieder zu erkennen. So flüchtet er aus seinem Kleinstadtleben an der Seite einer erfolgreichen Geschäftsfrau und türmt mit dem Auto nach Südfrankreich, um nach einem Weg aus seiner Krise zu suchen.

Kunzru, so schreibt ein englischer Kritiker, „zeigt außergewöhnlich gut, wie Idealismus zur Ideologie wird und Humanitarismus zum Fanatismus führt, sobald der Zweck anfängt, die Mittel zu heiligen.“ Der Brite indisch-englischer Abstammung ist seit seinen Romanen „Die Wandlungen des Pran Nath“ und „Grayday“ für seine thematische Wandlungsfähigkeit, seinen souveränen Stil und großes Einfühlungsvermögen in seine Figuren bekannt.

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