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Heike Faller erklärt die Welt der Zocker

„Wie ich einmal versuchte, reich zu werden“ – Erkenntnisgewinn am Finanzmarkt

© Die Berliner Literaturkritik, 03.07.09

Von Karolin Köcher

„Es war ein Dienstag, als ich die Lobby eines Wolkenkratzers südlich des Central Park in New York betrat, etwas wackelig in den Knien bei der Vorstellung, in ein paar Minuten dem „Jahrhundertmann“ zu begegnen.“ So beschreibt die „Zeit“- Journalistin Heike Faller einen ihrer emotionalen Höhepunkte während des einen Jahres, in dem sie eine Auszeit vom Job nimmt, um sich als Spekulantin in die undurchschaubare und faszinierende Welt der Finanzjongleure zu stürzen. Ihr Ziel: ihren Einsatz von 10 000 Euro zu verdoppeln. Als die 38-Jährige startet, ahnt sie nicht, dass sie direkt in die aktuelle Wirtschaftskrise hineingeraten wird. Gerade das aber — und Fallers Perspektive einer eigentlich in Finanzdingen Ahnungslosen, macht ihren Selbstversuch, den sie in ihrem jetzt erschienenen Buch „Wie ich einmal versuchte, reich zu werden - mein Jahr unter Spekulanten“ beschreibt, so spannend und lehrreich.

Fallers anfängliche Entscheidung, in Edelmetalle zu investieren, sollte sich zunächst als goldrichtig erweisen. Schließlich hat Faller auch zwei erlesene Ratgeber an ihrer Seite: zwei bayerische Sparkassenberater, die einmal das erfolgreichste Musterdepot Deutschlands führten. Durch schnelle Kursgewinne zunehmend „angefixt“, wagt Faller sich bald in tiefere Gefilde vor. Auf der Suche nach Erfolgsanlagen trifft sie Trader in London, Risikoinvestoren und Kunstsammler. Sie reist in den Irak um an der Börse in Bagdad zu spekulieren und setzt mit einem Mathematikgenie an ihrer Seite im Spielcasino von Baden-Baden auf Schwarz.

Überhaupt wimmelt es in der Welt des Geldes nur so von Alphamännern. Typen, mit „aufgeblähten“ goldenen Uhren am Handgelenk, die die Gesetze des Finanz-Dschungels kennen und mit Bemerkungen wie „Fundamental stehen die Zeichen auf einen krassen Anstieg“ Eindruck schinden. Faller lernt die Insidersprache schnell, teilt schon bald mit, sie sei „mit Hebeloptionen long in Gold“ und rät ihrer Tante am Tortenbüffet: „Vorsicht vor lang laufenden Staatsanleihen.“ Faller nimmt Scheu und Respekt vor dem viele ausgrenzenden Börsenjargon. Ganz ohne belehrende Attitüde schiebt sie kleine Erklärsätze ein, die auch Unkundige bei „Hebelzertifikaten“ und „Put-Optionen“ nicht auf der Strecke lassen. Das ist verdienstvoll, besonders in diesen Tagen, in denen viele kopfschüttelnd und ohnmächtig mit ansehen, wie die Folgen unverständlicher Finanz-Machenschaften die Staatsschulden auf Rekordhöhe treiben.

Als Faller dem „Jahrhundertmann“, dem Star-Investor und Spekulanten George Soros in seinem „Wolkenzimmer“ mit der Million-Dollar-Aussicht auf den Central Park endlich gegenübersitzt, bleiben die meisten ihrer Fragen ungefragt. Ein Mann wie Soros, das weiß auch die Journalistin, gibt keine Anlagetipps. Die Märkte an allen Börsenplätzen der Welt würden rebellieren.

Schließlich kommt die Autorin zu folgendem Erkenntnisgewinn: „Am Anfang große Gewinne. Feuer gefangen. Mehr gewollt. Geglaubt, dass es etwas mit den eigenen Fähigkeiten zu tun hat. Sich überschätzt. Verluste gemacht. Erkannt, dass der Markt ein Monster ist, das einen früher oder später in den Klauen hat.“

Dass Faller am Ende ihres Experiments zumindest finanziell mit nicht viel mehr als ihrem Einsatz dasteht, mag in diesen Tagen sogar als gute Leistung gewertet werden. Möglicherweise führt der Erfolg ihres vielbeachteten Buches sie nun ja doch noch an ihr selbstgestecktes Ziel.

Literaturangabe:

FALLER, HEIKE: Wie ich einmal versuchte, reich zu werden. Mein Jahr unter Spekulanten. DVA, München 2009. 232 S., 19,95 €. 

Weblink:

 DVA


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