Von Karolina Szczepanska
Greiner hat die Nase voll vom harten Kunstgeschäft, sei es das musikalische oder das literarische. Er beschließt, kein einziges Wort mehr zu Papier zu bringen. Aber ob ihm das gelingt? Um ehrlich zu sein, darum geht es in diesem Buch nicht wirklich.
In experimentellem Österreichisch erzählt der Protagonist Konrad Greiner in einem Café in Tokio. Über seine Laufbahn vom Musiker zum Schriftsteller, über den verkappten Literaturbetrieb, über seine Kindheit und Jugend in Innsbruck und Wien. Dabei sinniert er in einem endlos scheinenden inneren Monolog detailliert über die turbulenten Geschehnisse, die sich sowohl um ihn herum als auch in seinem Kopf abspielen.
Die Art und Weise, wie diese Erzählung von statten geht, ist der eigentliche Grund, zu dem Roman zu greifen, denn die Sprache, derer sich der Österreicher Heinz D. Heisl hier bedient, ist in ihrer Art so einzigartig wie polarisierend. Man kann es nicht anders sagen, denn entweder lässt man sich als Leser auf den speziellen Erzählton dieses Textes ein oder man lässt es bleiben. Wer außergewöhnliche Wortkonstruktionen schätzt, den etwas selbstmitleidigen Ton Greiners mit einem Schmunzeln hinnimmt und auch seinen Gefallen an der konsequenten Political Correctness des Erzählers hat, sollte große Freude finden an Sätzen wie dem folgenden:
„Wir reichen dem Leser, dem Zuhörerschauer ein Glas Wortwasser, und dieser stülpt jenes hinunter, spült seinem Leben unsere Wörter hinterdrein sozusagen; Lebensteig und Menschenmundbrei werden verflüssigt. Haufenweise Schreibstubenabsonderungen, zigfach herausgewürgtes Schreibergewöll. (…) Ein Wortknochensammler und eitel, grauenhaft eitel, wie all die anderen Wortknochensammler und Wortknochensammlerinnen grauenhaft eitel sind, dachte ich auf dem Hocker vor der Scheibe zur Straße hin, ein ahnungsloser Eitler; aber alle diese Eitlen sind durchweg ahnungslos, alle diese selbstgefälligen Geschichtenerzähler und Geschichtenerzählerinnen und Dichtungsgaranten und Dichtungsgarantinnen, selbstgefällig und also ahnungslos, so wie ich grenzenlos selbstgefällig und ahnungslos bin, dachte ich.“
So sinniert er, der Greiner. Nicht weniger kompliziert und zynisch berichtet er von Österreich und seiner dort verbrachten Schulzeit in einem Gymnasium, in dem er von Altnazis unterrichtet wurde und die Töchter von reichen Rechtsanwälten und Ärzten verführte. Und auch jetzt in Tokio, dienstlich als leidender Schriftsteller unterwegs, wird so mancher an ihm vorbeiziehende Rock kommentiert. Konrad Greiner ist also ein älterer, geschiedener, abgeklärter und manchmal ein wenig lüsterner Herr, für dessen Ausführungen Heinz D. Heil dem Leser – so ehrlich muss man sein – viel Kondition abverlangt.
Literaturangabe:
HEISL, HEINZ D.: Greiner. Dittrich Verlag, Berlin 2009. 331 S., 19,80 €.
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