Leipzig (BLK) - Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller (56) hat sich aus Angst vor dem Geheimdienst mit der deutschen Lektorin ihres ersten Werkes an einem ungewöhnlichen Ort getroffen. „Damit man uns nicht abhört, sind wir immer in den Wald gegangen und haben dort lektoriert“, sagte Müller am Samstagabend bei ihrem einzigen Auftritt auf der Leipziger Buchmesse (18.-21.3.) im Centraltheater der Stadt. „Ich war eine junge Autorin vom Ende der Welt und sie eine große Lektorin vom Nabel der Welt, nämlich Deutschland.“
Müllers Prosa-Debüt „Niederungen“ mit düsteren Schilderungen über ein rumänisches Dorf war 1982 zunächst im Bukarester Kriterion Verlag in einer zensierten Ausgabe erschienen. Zwei Jahre später konnte die vom Ceausescu-Regime verfolgte Autorin das Manuskript in den Westen schmuggeln. Der Berliner Rotbuch Verlag druckte 1984 eine neue Version.
Die Schriftstellerin wurde in einem Dorf im lange Zeit deutschsprachigen Banat geboren und floh 1987 vor dem Ceausescu-Regime und der Geheimpolizei nach West-Berlin. Die Literatur sei ein wichtiger Auslöser dafür gewesen, dass sie aus dem Dorf fortgegangen sei, sagte die zierliche Schriftstellerin im ausverkauften Centraltheater. „Verdorben wurde meine Dorf-Zugehörigkeit durchs Lesen, durch die Bücher.“ Besonders stark beeinflusst hätten sie die Werke von Thomas Bernhard. „Wenn man ihn liest, kommt man in ein banat-schwäbisches Dorf nicht mehr so zurück, wie man es verlassen hat. Das tut auch weh“, sagte Müller.