Von Thomas Maier
FRANKFURT/MAIN (BLK) - Bevor er ein Buch zu Ende bringt, fängt er schon mit der Arbeit am nächsten an. „Damit ich nicht in ein Loch falle“, erläutert Hilmar Hoffmann den kleinen Trick, mit dem er sich zur Disziplin zwingt und bei Laune hält. Der frühere Frankfurter Kulturdezernent und Präsident des Goethe-Instituts hat es nach seinem Abschied aus der Politik geschafft, praktisch jedes Jahr ein neues Buch zu veröffentlichen. Das letzte stellte Hoffmann, der am kommenden Mittwoch (25.8) 85 Jahre alt wird, erst vor wenigen Tagen vor.
Darin erzählt zum Beispiel der Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, welche Bilder er in den Frankfurter Museen mag. Jazzfan Ackermann hat besonders an Max Beckmanns „Stilleben mit Saxophonen“ im Städel Gefallen gefunden. Ein einflussreicher Banker, der sich zu einem expressionistischen Gemälde hingezogen fühlt, das die von Afro- Amerikanern kreierte Jazzmusik wunderbar plastisch macht - so etwas ist ganz nach dem Geschmack Hoffmanns. Es war schon immer sein Anliegen, unterschiedliche Kulturen und Welten zusammenzubringen.
Der Sozialdemokrat Hoffmann war es, der nach seinem Amtsantritt 1970 in Frankfurt mit seiner Forderung nach „Kultur für alle“ Geschichte machte. Neben der „Hochkultur“ begann Frankfurt vor allem die breite Bildung zu fördern. Innerhalb von zwei Jahren wurden zwölf Stadtteilbibliotheken eröffnet.
Hoffmann gewann über die Parteigrenzen hinweg Unterstützung für seine Ideen. Als Intellektueller verstand er sich zwar auch mit dem hemdsärmeligen SPD-Oberbürgermeister Rudi Arndt. Fast noch besser lief es aber mit dessen Nachfolger Walter Wallmann. Mit dem CDU-Mann verwirklichte er in den 1980er Jahren das „Museumsufer“. Mit diesem Projekt ist Hoffmann heute untrennbar verbunden.
Die damals am Main errichteten Häuser - zum Beispiel das Filmmuseum und Architekturmuseum oder das vom US-Stararchitekten Richard Meier errichtete Museum für Angewandte Kunst - gelten heute bundesweit als Markenzeichen der Stadt. Über 20 Museen liegen heute am Main oder nahe davon. Kein Wunder also, dass Hoffmann im vergangenen Jahr über das Museumsufer auch ein Buch vorgelegt hat.
Der als Sohn eines Exportkaufmanns in Bremen geborene Hoffmann machte sich in den 1950er Jahren als Gründer der Internationalen Kurzfilmtage in Oberhausen einen Namen. Später lockte er im Ruhrgebiet die Bergarbeiter zu Uraufführungen von Stücken von Peter Handke - mit dem Versprechen von anschließenden Beat-Konzerten. In Frankfurt errichtete er dann 1971 als Kulturchef bundesweit das erste „Kommunale Kino“.
Von 1975 bis 1990 flossen unter Hoffmann in Frankfurt allein 1,4 Milliarden Mark in den Bau von Kultureinrichtungen. Dabei half natürlich der Reichtum der Stadt. Auch heute gibt keine Großstadt in Deutschland - pro Einwohner gerechnet - mehr für Kultur aus als die Bankenmetropole. Derzeit werden mit Millionenaufwand Häuser wie das Filmmuseum saniert.
20 Jahre war Hoffmann Kulturdezernent in Frankfurt. 1993 wurde er Präsident des Goethe-Instituts und blieb bis 2002 im Amt. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich Hoffmann schon längst als „überparteilicher Kulturpolitiker“ profiliert. Er hatte deshalb kein Problem, sich mit dem Genossen Gerhard Schröder anzulegen. Der damalige Kanzler wollte angesichts der Finanznot 22 Institute schließen lassen, wie Hoffmann berichtet. Es sei dann doch gelungen, elf zu erhalten.
Das Ziel der Breitenkultur - der „Kultur für alle“ - hat Hoffmann in einer zunehmend auseinanderdriftenden Gesellschaft letztlich nur ansatzweise erreicht. Die Versöhnung zwischen Hoch- und Pop-Kultur ist bisher nicht gelungen, wie er einräumt. Für ihn sind daran aber die Schulen schuld, weil die ästhetische Erziehung schon in der Grundschule beginnen müsste, wie er sagt.
Hoffmann war immer von der klassisch-bürgerlichen Kultur geprägt. Dem Schauspiel und der Oper ist er besonders zugetan - seit 40 Jahren ist er auch Stammgast in Bayreuth bei den Wagner-Festspielen.
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