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Historische Entscheidung: Suhrkamp zieht nach Berlin

Zieht der Traditionsverlag 2010 in das Nicolaihaus in Berlin-Mitte ein?

© Die Berliner Literaturkritik, 06.02.09

 

BERLIN / FRANKFURT AM MAIN (BLK) – Suhrkamp zieht 2010 nach Berlin: Für die Buchmessen-Stadt Frankfurt ist es ein Schlag und für den von Peter Suhrkamp gegründeten Verlag von Bertolt Brecht und Hermann Hesse eine historische Zäsur. Für die Hauptstadt aber ist der Umzug des renommierten Verlages ein wichtiger Schritt zur Stärkung der Verlagsstadt und Kulturmetropole nach der Wiedervereinigung. Dass die Entscheidung vom Freitag (6. Februar) im 20. Jahr des Mauerfalls nach längerem Werben Berlins gefasst wurde, ist auch so gesehen nicht ohne Bedeutung.

„Das Labor ist in Berlin, und da muss Suhrkamp in Berlin sein“, betonte Verlegerin Ulla Unseld-Berkéwicz im Fernsehsender 3sat am Freitag (6. Februar). Die wichtigsten Verlage deutscher Sprache seien bis zum Beginn der Nazi-Herrschaft 1933 in Berlin angesiedelt gewesen. Berlin knüpfe als Hauptstadt und kulturelles Zentrum wieder dort an, wo es seinerzeit zum Aufhören gezwungen wurde, begründete Unseld-Berkéwicz den Umzug. Der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Samstag, 7. Februar) sagte die Suhrkamp-Chefin, „Solidaritätszeichen Berlins“ seien ein Grund für die Entscheidung zum Umzug gewesen.

In Frankfurt am Main wird Suhrkamp neben drei Stiftungen eine Dependance behalten, teilte der Verlag am Freitag mit und beendete damit wochenlange Spekulationen um seinen Umzug. Alle Beschäftigten könnten mitkommen, kündigte Suhrkamp-Chefin Unseld-Berkéwicz an. 80 Prozent der 130 Mitarbeiter haben sich allerdings gegen den Umzug ausgesprochen. In Berlin hat der Verlag, wo er bereits von 1945 bis 1950 vor dem Umzug nach Frankfurt beheimatet war, im Jahr 2006 eine Dependance in der Fasanenstraße unweit des Kurfürstendamms eingerichtet.

Klaus Wowereit: „Eindeutiges Bekenntnis für die Hauptstadt“

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hatte vor wenigen Tagen sein Interesse an der Ansiedlung des traditionsreichen Verlags bekräftigt. In einer ersten Reaktion begrüßte er die Umzugs-Entscheidung als „eindeutiges Bekenntnis“ Suhrkamps für die Hauptstadt. Der Berliner Kulturstaatssekretär André Schmitz sprach von einem „glücklichen Tag“ und einer „bedeutenden Nachricht für die Verlagsstadt Berlin“, eine Stadt, in der auch die meisten deutschsprachigen Autoren lebten. Auch Berlins Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) zeigte sich erfreut: „Berlin ist in den letzten Jahren wieder das geistige und kulturelle Zentrum der Republik geworden“, sagte er.

Der Frankfurter Kulturdezernent Felix Semmelroth (CDU) bedauerte die Entscheidung Suhrkamps. Die Stadt habe der Verlagsführung substanzielle Vorschläge zum Verbleib gemacht. „Wir bedauern, dass solche intensiven Gespräche mit dem Verlag, um die wir uns schon seit vielen Monaten bemühen, erst in den letzten Wochen möglich waren.“

Der genaue Standort für den Suhrkamp Verlag nach seinem Umzug in Berlin ist noch nicht endgültig entschieden. „Wenn ich mir was wünschen würde, wäre es das historische Nicolaihaus in der Brüderstraße in Mitte“, sagte Kulturstaatssekretär Schmitz. Er habe sich das Gebäude zusammen mit Verlegerin Ulla Unseld-Berkéwicz angesehen, entschieden sei aber noch nichts. Das Gebäude wurde vom Stadtmuseum Berlin aufgegeben und wird jetzt vom Liegenschaftsfonds verwaltet, der neue Nutzer sucht.

Das Nicolaihaus in Berlin-Mitte – die neue Adresse Suhrkamps?

Das Nicolaihaus zählt zu den ältesten Wohnhäusern Berlins. Es wurde 1670 errichtet. 1787 kaufte es der Verlagsbuchhändler, Schriftsteller und Philosoph Friedrich Nicolai. Im Erdgeschoss befand sich die Verlagsbuchhandlung. Das Haus entwickelte sich zu einem geistig-literarischen Mittelpunkt der Aufklärung und Romantik, wo auch Daniel Chodowiecki, Johann Gottfried Schadow, Christoph Wilhelm Hufeland und Karl Friedrich Schinkel verkehrten. Die Buchhandlung gab es noch bis 1892. Im Zweiten Weltkrieg beschädigt, wurde das Haus nach 1950 wiederaufgebaut und hat einen der wenigen erhaltenen barocken Innenhöfe Berlins.

Suhrkamp zog nach eigenen Angaben mit der Entscheidung zugleich einen Schlussstrich unter die juristischen Fehden zwischen den Verlags-Gesellschaftern, die in den vergangenen Jahren für Schlagzeilen sorgten. Die Unseld-Familienstiftung unter Vorsitz von Verlegerin Unseld-Berkéwicz sowie die Winterthurer Medienholding AG hätten ihre vor dem Landgericht Frankfurt anhängigen Prozesse durch einen Vergleich beendet, teilte der Verlag mit.(dpa/ang)

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