Von Katia Rathsfeld
Flucht ist sinnlos. Ein Fremder hält Lisa mit ihrer Tochter Anouk in ihrem Haus gefangen. Trotzdem gibt sie die Hoffnung nicht auf, lebend dem Griff des Mannes zu entkommen, der sie überfallen hat. In ihrem neuen Thriller „Rettungslos“ erzählt die holländische Autorin Simone van der Vlugt die packende Geschichte des Martyriums einer jungen Frau und ihres erbitterten Kampfes gegen den Eindringling Mick Kreuger.
Van der Vlugt schildert schonungslos, wie die Welt der jungen Mutter schlagartig zusammenbricht, als Kreuger Lisa an einem Sommertag im Garten des kleinen Hauses am Deich überrascht. Noch bevor sie versteht, was mit ihr geschieht, steht sie in ihrer Küche, Türen knallen und Schlüssel drehen sich im Schloss. Der Alptraum beginnt.
Kreuger lässt Messer und Werkzeug verschwinden, die sein Opfer für die Flucht hätte nutzen können. In Lisa staut sich rasende Wut auf das Ungeheuer an, das ihr Leben zu zerstören droht. Um ihre kleine Tochter Anouk zu schützen, geht sie jedoch kein Risiko ein. Stattdessen tut sie alles, um den unheimlichen Mann zu besänftigen. Lisa kocht Essen für ihn und verwickelt den Eindringling in Gespräche. Doch was sie erfährt, schockiert sie. Kreuger ist ein flüchtiger Mörder, der einer geschlossenen psychiatrischen Klinik entflohen ist. Weil seine Frau ihn verlassen hatte, tötete er sie und seine Kinder. Lisa erkennt schnell, dass er unberechenbar ist. Immer, wenn sie sich in Sicherheit wähnt, schlägt er wieder zu.
Ein Hoffnungsschimmer blitzt auf, als Lisa eine Frau am Wohnzimmerfenster entdeckt, die kurz darauf wieder verschwindet. Hilfe kommt aber nicht. Was Lisa nicht weiß: die Frau am Fenster erkennt ihre Notlage. Von Panik getrieben rast sie jedoch an diesem Abend mit ihrem Auto in einen Kanal und ertrinkt beinahe. Ihre vermeintliche Retterin fällt ins Koma – und behält das Geheimnis vorerst für sich. Lisas Martyrium geht weiter.
Van der Vlugt spielt erbarmungslos mit den Ängsten von Frauen, ihren düstersten Alpträumen. Die 1966 geborene Holländerin war lange als Autorin von historischen Jugendromanen bekannt. Doch mit den Thrillern „Klassentreffen“ (2007) und „Schattenschwester“ (2008) zog sie die Leser erfolgreich in eine dunkle Welt, in der Gerechtigkeit keinen Platz zu haben scheint.
Auch in „Rettungslos“ scheint der brutale Mörder das Spiel für sich zu gewinnen. Wie in einem Kinothriller à la Alfred Hitchcock ist er der jungen Frau stets einen Schritt voraus. Jedes Mal, wenn Lisa es fast geschafft zu haben scheint, dreht sich die Situation und wird noch bedrohlicher. Atemlos hofft man mit der jungen Mutter auf ihre Rettung. Doch die Autorin versteht es, den Leser bis zum Schluss im Unklaren zu lassen – wie in einem guten Horrorfilm.
Literaturangaben:
VAN DER VLUGT, SIMONE: Rettungslos. Aus dem Niederländischen von Eva Schweikart. Diana Verlag, München 2009. 256 S., 17,95 €.
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