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Hoffen aufs Weihnachtsgeschäft

Das Weihnachtsgeschäft beginnt mit Umsatzsteigerung

© Die Berliner Literaturkritik, 17.12.08

 

Von Thomas Maier

FRANKFURT AM MAIN (BLK) – Nach dem Abschied von Harry Potter hat Erfolgsautorin Joanne K. Rowling den Buchhandel zu Weihnachten erneut beschert: Mit 300.000 Exemplaren kamen Anfang Dezember „Die Märchen von Beedle dem Barden“ in die Läden – Rowlings Bändchen war in wenigen Tagen ausverkauft. Erstaunlich: Trotz Wirtschaftsflaute ist das Weihnachtsgeschäft gar nicht schlecht angelaufen. Der Umsatz lag höher als im Vorjahr, wie das Branchenblatt „Buchreport“ berichtete. So könnte 2008 nach einem schwachen Herbst für den Handel noch einen versöhnlichen Ausklang nehmen.

Dem Literaturjahr hat es zumindest an kleinen Aufregern und großen Büchern nicht gemangelt. Ähnlich wie es 2006 Hape Kerkeling gelang, landete erneut ein vom Fernsehen bekanntes Gesicht einen sensationellen Coup. Hatte Kerkeling als Wandersmann den Jakobsweg erkundet, drang die frühere Viva-Moderatorin Charlotte Roche mit ihren „Feuchtgebieten“ in meist schamhaft verschwiegene Zonen des weiblichen Körpers vor. Der DuMont Verlag hat vom Roman nach eigenen Angaben inzwischen 1,3 Millionen verkauft. In 25 Sprachen wird das Buch, das bei den Kritikern eher wenig Liebhaber fand, übersetzt.

Wenig überraschend hat dagegen ein ebenfalls Anfang des Jahres erschienener Roman den Weg in die Bestseller-Liste gefunden: Nach dem phänomenalen Erfolg in Frankreich war Jonathan Littells Roman „Die Wohlgesinnten“ vom Berlin Verlag mit großem Getöse auf den deutschen Markt gebracht worden. Aber auch die großen Feuilletons stürzten sich auf die 1400 Seiten lange Geschichte des homosexuellen SS-Offiziers Max Aue, der eine inzestuöse Beziehung mit seiner Zwillingsschwester unterhält. Wie kaum ein anderes Buch im vergangenen Jahr hat es für Debatten gesorgt. Während Frank Schirrmacher in der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ ein „großes Buch“ von „unerhörter Präzision“ lobte, sprach in der „Zeit“ Literaturchefin Iris Radisch von „widerwärtigem Kitsch“.

Seltene Einigkeit bei der Kritik fand dagegen Uwe Tellkamps Roman „Der Turm“, der es im Volumen mit seinen 1.000 Seiten fast mit Littell aufnehmen kann. Tellkamps Abgesang auf die untergehende DDR – dargestellt am Beispiel des Dresdner Bürgertums – wurde praktisch einhellig als Glanzleistung von Buddenbrookschen Qualitäten gefeiert. Beim Deutschen Buchpreis, der inzwischen publikumswirksamsten Auszeichnung für die beste literarische Neuerscheinung des Jahres, kam die Jury an Tellkamp einfach nicht vorbei. Der Roman steht nunmehr seit Oktober ganz vorne auf den Verkaufslisten.

Das freut vor allem auch den Suhrkamp Verlag, der nach eher mageren Jahren und all den Querelen um seine Eigentumsverhältnisse und die Führung von Verlagschefin Ulla Unseld-Berkéwicz endlich wieder literarisch von sich reden machte. Und mit dem eigenwilligen österreichischen Romancier Josef Winkler stellte Suhrkamp in diesem Jahr auch den Träger des Georg-Büchner-Preises, der immer noch literarisch bedeutsamsten Auszeichnung des Landes.

Allerdings musste sich Suhrkamp im Kampf um die Rechte des neuen Bestsellers von Carlos Ruiz Zafón („Das Spiel des Engels“) dem S. Fischer Verlag geschlagen geben, der drei Millionen Euro für den Roman des in den USA lebenden Katalanen bot. Dessen millionenfach verkaufter Roman „Der Schatten des Windes“ war zuvor im Hause Suhrkamp erschienen.

Die hohen Tantiemen für Zafón zeigen, wie wichtig Bestseller für Verlage geworden sind. Sie müssen quasi als Lokomotiven das ganze Programm mitziehen. Nicht immer erfüllt aber ein Buch die Erwartungen des Marketings. Für den S. Fischer Verlag, dessen langjährige Chefin Monika Schoeller vom Fachmagazin „Buchmarkt“ zur „Verlegerin des Jahres“ gekürt wurde, scheint sich der Einsatz jedoch gelohnt zu haben. Der im November erschienene Zafón hat sich sofort ganz oben in der Bestseller-Liste etabliert.

Ganz andere Sorgen hatte ein anderer Renommierbetrieb: Nach seiner Insolvenz fand der Berliner Aufbau Verlag, einst der bedeutendste Verlag der DDR, im Oktober jedoch einen neuen Besitzer. Der Verleger Matthias Koch will die Aufbau-Tradition mit einem Großteil der 50 Beschäftigten fortführen.

Unterdessen beschleunigt sich die Digitalisierung der Buchbranche: Das E-Book wurde zum heimlichen Star des Jahres. Erste Exemplare der elektronischen Lesegeräte, die mit Hilfe der elektronischen Tinte überall bequem genutzt werden können, wurden im Oktober auf der Frankfurter Buchmesse bestaunt. In den USA ist der „Kindle“ des Online-Buchhändlers Amazon bereits auf dem Markt erfolgreich. Sony will seinen „Reader“ in Kooperation mit dem Buchgroßhändler Libri und der Buchhandels-Kette Thalia im Frühjahr 2009 bundesweit auf den Markt bringen. Kleinere Hersteller stehen ebenfalls bereit.

In Deutschland haben aber erst wenige Verlage die nötige Software im Programm, damit Bücher künftig auch elektronisch gelesen werden. „Das E-Book ist zwar jetzt angekommen“, sagt Branchenexperte Stephan Füssel. „Die Verlage müssen sich aber noch mehr der digitalen Welt öffnen und flexibler werden“, fordert der Mainzer Professor für Buchwissenschaft.


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