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Im Idyll gefangen

Zsuzsa Bánks neuer Roman „Die Hellen Tage“

© Die Berliner Literaturkritik, 21.03.11

Zsuzsa Bánk, Die hellen Tage, S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main,
544 Seiten, 21,95 €.

Von Thomas Maier

Ihr Erstlingswerk wurde vor neun Jahren von der Kritik beinahe hymnisch gefeiert und heimste einige Preise ein. Nach dem „Schwimmer“ hat sich Zsuzsa Bánk, in Frankfurt geborene Tochter ungarischer Eltern, für ihren zweiten Roman einige Zeit gelassen. Das mit Spannung erwartete neue Buch „Die hellen Tage“ ist dafür gleich um einige hundert Seiten länger ausgefallen. Doch ähnlich wie im „Schwimmer“, wo die Autorin ein Kindheitsdrama in Ungarn schildert, steht auch im neuen Band das Schicksal dreier Heranwachsender im Mittelpunkt.

Schauplatz ist dieses Mal ein verträumtes Städtchen namens Kirchblüt, das irgendwo am Laufe des Neckars in der Nähe von Heidelberg angesiedelt ist. Dort wächst in den 1960er Jahren die Ich-Erzählerin Seri, Kind aus einer Spediteursfamilie, mit ihren Freunden Aja und Karl auf. Aja ist die Tochter der Hochseil-Artistin Évi aus dem ungarischen Staatszirkus, die es zufällig in die süddeutsche Provinz verschlagen hat. Der Vater arbeitet als Trapezkünstler in den USA und kommt nur im Sommer zu Besuch.

Die 1965 geborene Bánk, die mit Mann und zwei Kindern in Frankfurt lebt, beschreibt diese „hellen Tage“ einer ziemlich heilen Nachkriegskindheit mit großem Einfühlungsvermögen. Ihre große Stärke ist das Atmosphärische, die Beschreibung des melancholisch angehauchten Idylls. Sie folgt den drei Hauptfiguren dann nach der Schulzeit auf dem Weg nach Rom, wo sie ihren südländischen Sehnsüchten - es ist die Zeit lange vor Berlusconi- erliegen.

So viel Weichzeichnerei wird trotz des erzählerischen Talents der Autorin zum Problem des Romans. Emotionale Konflikte werden nur peripher behandelt. Die Pubertät oder die erwachende Sexualität der drei Jugendlichen wird ausgeblendet. Sogar dann, als die Freundschaft der unzertrennlichen Protagonisten zu zerbrechen droht, weil sich Aja und Karl in Rom ineinander verlieben, versucht Ich-Erzählerin Seri dies tapfer zu überspielen.

 Zwar gibt es durchaus dramatische Momente im Buch: Seris Vater stirbt früh und plötzlich, die Mutter findet erst Jahre später heraus, dass er in Rom eine italienische Geliebte hatte. Karls Bruder verschwindet als Kind, weil er in ein fremdes Auto steigt. Und auch die Geschichte von Aja und Évi erlebt am Ende eine ungeahnte Volte. Doch es wirkt wie schmückendes Beiwerk - der Roman bleibt im Kokon der Idylle gefangen und seltsam entrückt. Der rote Klatschmohn auf den Wiesen bei Kirchblüt drängt sich immer wieder zu stark in den Vordergrund.

Weblink: S. Fischer Verlag


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