Von Christian Rupp
FRANKFURT AM MAIN (BLK) – Sie zählte zu den großen Talenten einer jungen, britischen Schriftstellergeneration, wurde vor sechs Jahren unter die 20 besten Nachwuchsautoren gewählt und erhielt 2002 den „Elle Style Award“ als „Writer of the Year“ („Autor des Jahres“): Die 1972 in London geborene Scarlett Thomas machte in der Vergangenheit immer wieder von sich reden. Jetzt ist ihr 2006 erschienener Roman „The End of Mr. Y“ bei Kindler angetreten, in der Übersetzung von Jochen Stremmel den deutschen Markt zu erobern.
Doch das Buch wird es wohl nicht ganz einfach haben. „Troposphere“ – so der fragwürdig englische Titel der deutschen Ausgabe – ist ein knapp 600 Seiten starker, teils recht langatmiger Trip durch die Innenwelten und Fantasien einer Studentin. Es geht darin um ein Buch des viktorianischen Autors Thomas E. Lumas, von dem behauptet wird, dass jeder, der es liest, sterben müsse. Dennoch will Ariel Manto darüber ihre Doktorarbeit schreiben.
Und tatsächlich gelangt sie rein zufällig in den Besitz der Erstausgabe. Diese erzählt die Geschichte von Mr. Y, der durch die Einnahme eines Elixiers in eine andere Dimension – die Troposphäre – versetzt wird. Dort ist es möglich, durch die Gedanken anderer Menschen zu reisen. Natürlich wagt Ariel den Selbstversuch und natürlich gelingt er.
Auf den folgenden vielen hundert Seiten wird sie in der Troposphäre von Agenten gejagt, entkommt aber durch die Hilfe eines Gottes. Angereichert wird die Geschichte mit ein wenig Sado-Maso-Sex, romantischer Liebe und Reisen durch die Zeit. Daneben philosophiert Thomas, erklärt ganze Religionen, banalisiert die Quantentheorie und hält Abhandlungen zur Kosmologie. Das Ganze verpackt sie in eine Art verflochtene Rahmen-Binnen-Erzählung, die etwas an Jugendbücher erinnert. Michael Ende etwa hat in seinem Klassiker „Die unendliche Geschichte“ ähnlich gearbeitet.
Die Exkurse in philosophische und naturwissenschaftliche Themen haben ihren Reiz, denn die wirklich interessanten Gedankengänge in dem Buch stammen von anderen Autoren: Die Schriftsteller Mary Shelley („Frankenstein“) und Simon Singh oder auch der Physiker Michio Kaku haben – worauf im Nachwort allerdings hingewiesen wird – die theoretischen Vorlagen dazu geliefert.
Literaturangaben:
THOMAS, SCARLETT: Troposphere. Roman. Übersetzt von Jochen Stremmel. Kindler Verlag, München 2008. 576 S., 19,90 €.
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