„Die Liebe am Nachmittag“ – eleganter Roman über das Vorkriegsungarn
In seinem Heimatland Ungarn erlebt Ernö Szép (1884-1953) derzeit eine Renaissance. Nun soll sein Roman „Die Liebe am Nachmittag“ auch die deutschen Leser überzeugen. Verdient hätte er es, denn Széps Sprache ist von bestechender Eleganz und das, was er zu erzählen hat, von zeitloser Gültigkeit. Es geht um Liebe, die Frauen und die ewige Suche der Menschen nach dem Glück: Mihály ist 46 Jahre alt, ein Dichter, Kritiker und Verführer. Zu einer reichen und verheirateten Dame der Gesellschaft fühlt er sich halbherzig hingezogen, aber auch die junge Schauspielschülerin Iboly hat es ihm angetan. Über allem liegt der Hauch der Dekadenz einer verlorenen Gesellschaft nach dem Zusammenbruch der ungarischen Monarchie.
Schwedisches Abenteuer aus der Hanse-Zeit: „Die Handelsherrin“
Das lebhafte Treiben in den Hansestädten des frühen 15. Jahrhunderts schildert die Schwedin Catharina Sundberg in ihrem historischen Roman „Die Handelsherrin“. Anne, die Heldin, übernimmt nach dem Tod ihres Mannes dessen Stockholmer Handelshaus, doch es sind keine friedlichen Zeiten. Denn die als Vitalienbrüder berüchtigten Seeräuber haben die Hauptstadt eingenommen und die regierenden Bürger umgebracht. Als sie ihre habgierigen Augen auch auf die junge Frau und ihren Besitz richten, flieht Anne mit ihrer kleinen Tochter nach Lübeck. Anschaulich schreibt Sundberg vom Alltagsleben der städtischen Bürger in der frühen Neuzeit, von der Macht des Hanse-Bunds und der erstaunlich starken Stellung einzelner Frauen in dieser merkantilen Gesellschaft.
Alicia Giménez-Bartletts unbarmherziger Blick auf die Liebe
Ein Kammerspiel über Männer und Frauen, über das, was sie verbindet und trennt, und darüber, wann es Zeit ist, zu gehen, hat die Spanierin Alicia Giménez-Bartlett vorgelegt. Ihre Geschichte „Will ich dich lieben und betrügen“ handelt von vier Frauen in einem kleinen Dorf in Mexiko, die ihre Männer am Wochenende mit Liebesroutine begrüßen, ansonsten aber ein ereignisloses Leben führen. Doch dann verliebt sich eine von ihnen in den Mann der anderen und löst damit eine Kettenreaktion unversöhnlicher Gefühlsausbrüche aus. Die 57-jährige Autorin ist in ihrer Heimat und darüber hinaus vor allem dank ihrer Barcelona-Krimis mit der Inspectora Petra Delicado bekanntgeworden.
„Stört den Mörder nicht“ – Zweifel des Täters an der Perfektion
Ein fast perfekter Mord, keine Zeugen, keine Spuren. Und dennoch beginnt der Mörder eines Richters aus einem Urlaubsort an der spanischen Atlantikküste zu zweifeln. Mit seinem Auftakt „Stört den Mörder nicht“ macht José Maria Guelbenzu Appetit auf weitere Folgen der neuen Krimireihe um die Richterin Mariana de Marco. Rätselhaft ist das Debüt nicht, denn der Täter wird zu Beginn genannt. Die mondäne Gesellschaft ist geschockt, es regieren Klatsch und Tratsch auf höchstem Niveau. Guelbenzus Heldin, Richterin de Marco, ist neu im Ort. Sie verlässt sich nicht auf die offiziellen Vernehmungen, sondern hat auch ein Ohr für die Gerüchteküche. Und schnell ist klar, dass nur jemand aus dem sozialen Umfeld des Richters als Täter infrage kommt. Gleichwohl erweist sich der Mörder als Perfektionist, bis er – teils arg detailliert beschrieben – selbst beginnt, den Mord infrage zu stellen.
Zum 70. Todestag: Gedichte von Friedrich Glauser veröffentlicht
Der bücherliebenden Nachwelt ist Friedrich Glauser (1896-1938) vor allem als Krimi-Autor in Erinnerung geblieben, sind doch seine Romane mit dem fast schon legendären Wachtmeister Studer ein Markstein der Schweizer Literatur im 20. Jahrhundert. Dass der Schriftsteller auch ebenso anrührende wie bildgewaltige Gedichte verfasst hat, ist dagegen nur wenigen bekannt. Unter dem Titel „Pfützen schreien so laut ihr Licht“ hat der Schweizer Nimbus Verlag aus Anlass des 70. Todestags Glausers die lyrischen Werke gesammelt und heraus gegeben. Im expressionistischen Tenor der Ära nach dem Ersten Weltkrieg verfasst, denn Glauser orientierte sich an Georg Trakl, drückt der Schweizer hier seine Gefühle und Naturerlebnisse aus. Zu Lebzeiten hatte er keinen Verlag für seine Lyrik finden können. (dpa/mir)
Literaturangaben:
GIMENEZ-BARTLETT, ALICIA: Will ich Dich lieben und betrügen. Lübbe, Bergisch Gladbach 2008. 459 S., 18 €.
GLAUSER, FRIEDRICH: Pfützen schreien so laut ihr Licht. Nimbus Verlag, Wädenswil 2008. 70 S. mit Anh., 22 €.
GUELBENZU, JOSE MARIA: Stört den Mörder nicht. Bertelsmann Verlag, München 2008. 297 S., 19,95 €.
SUNDBERG, CATHARINA: Die Handelsherrin. Piper, München 2008. 354 S., 8,95 €.
SZEP, ERNÖ: Die Liebe am Nachmittag. dtv, München 2008. 299 S., 14,90 €.
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