Interview: Urs Heinz Aerni
Isabel Morf, Sie studierten Germanistik in Zürich und Wien, schrieben für Printmedien, und nun liegt Ihr erster Roman vor – ein Krimi. Warum ausgerechnet ein Krimi?
Ich hatte einen Stoff, den ich erzählen wollte, und es war rasch klar, dass ich das in Form eines Krimis tun würde. Ich mag die Struktur von Kriminalromanen. Es gibt ja immer zwei Stränge. Die eigentliche Geschichte wird nicht von Anfang an erzählt, im Gegenteil, sie wird verschleiert, versteckt. Es werden andere Fährten gelegt, falsche Spuren, Nebengeschichten erzählt. Bis dann am Schluss die eigentliche, die verborgene Geschichte zutage tritt und — hoffentlich — die Lesenden überrascht.
Zürich wird immer beliebter als Kulissenstadt von Krimis. Was macht die Stadt dazu besonders geeignet?
Man muss umgekehrt fragen: Warum gab es die längste Zeit keine Krimis, die in Zürich angesiedelt waren? Jeder Krimi hat Schauplätze. Krimis spielen in englischen Landhäusern, in sämtlichen Arrondissements von Paris, in Soho, in Malmö, in Reykjavik — und endlich auch in Zürich.
Unter Ihren Lieblingsfiguren ist Miss Marple. Warum?
Weil sie es faustdick hinter den Ohren hat. Sie hat es nicht nötig, sich in den Vordergrund zu spielen, aufzutrumpfen. Sie tritt bescheiden und ein bisschen schusslig auf — und behält am Schluss immer Recht. Das finde ich cool.
Ihre Story verlegen Sie nach Wiedikon und auch gleich mit Verbindung zu dem real existierenden Fahrradgeschäft Velo-fix. Literatur als Standortmarketing? Oder schöpfen Sie einfach aus der Ihnen bekannten Welt?
Das Buch ist keine Auftragsarbeit... Es ging tatsächlich darum, von einer Welt zu erzählen, die ich kenne. Figuren und Plot sind frei erfunden, aber vieles, was aus dem Alltag des Fahrradgeschäfts erzählt wird, ist authentisch oder von realen Ereignissen inspiriert.
Beat Streiff und Zita Elmer von der Stadtpolizei ermitteln in Sachen verschwundene Fahrradkundin und Leiche im Veloladen. Wie fanden Sie zu diesen beiden Figuren?
Zita Elmer war von Anfang an da, ich brauchte sie wegen der Diebstähle. Ich wusste nur lange nicht, wie sie aussieht. Irgendwann habe ich sie dann vor mir gesehen. Beat Streiff habe ich eingeführt, weil es in einem Krimi immer nützlich ist, einen gut aussehenden, intelligenten Mann zur Verfügung zu haben.
Die um Geld betrogene Inhaberin des Geschäfts „FahrGut“, Valerie Gut, stösst bei ihren eigenen Untersuchungen auf Geheimnisse ... Wie fliegen die Ideen Ihnen zu? Beim Radeln?
Beim Radfahren sicher nicht, denn ich mache keine Velotouren oder beschaulichen Sonntagsfahrten. Die Ideen kommen irgendwann. Entweder wenn ich am Nachdenken bin und sich eins aus dem anderen ergibt — oder auch ganz unverhofft, bei der Arbeit, vor dem Einschlafen, beim Haushalten, beim Zugfahren. Dann haben sie auch Priorität. Ich unterbreche, was auch immer ich grad mache, und schreibe rasch Stichworte auf. Deshalb habe ich immer ein Notizbuch dabei.
Für alle, die Zürich noch nicht so gut kennen: Kann man von einer Velostadt sprechen?
Nein, Zürich ist keine eigentliche Velostadt. Dafür gibt es zu wenig Velowege, ein durchgehendes Netz fehlt. Wenn ich mit dem Velo einkaufen fahre, habe ich die Wahl zwischen einer mehrspurigen, dicht befahrenen Strasse und einem breiten Trottoir.
Dürfen wir mit einer neuen Art Krimireihe rechnen, rund ums Fahrrad?
Der zweite Krimi existiert erst in Form von ein paar Ideen und hingekritzelten Notizen und ein wenig Recherche. Es wird kein eigentlicher Velokrimi. Aber Valerie Gut kommt selbstverständlich wieder vor, wie auch Elmer und Streiff, und wahrscheinlich werden die Velowege ein Thema sein. Ein paar Fahrräder werden schon durch die Geschichte flitzen.
Vielen Dank für das Gespräch.
Literaturangabe:
MORF, ISABEL: Schrottreif. Ein Zürich – Krimi. Gmeiner Verlag, Meßkirch 2009. 230 S., 9,90 €.
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