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Irgendwie interessant: Fesseln, Foltern, Töten

Ein FBI-Profiler schreibt über den BTK-Serienkiller

© Die Berliner Literaturkritik, 07.10.08

 

Die Faszination für Serienkiller ist, wie ein Blick auf die Krimi-Neuerscheinungen und das Fernsehprogramm zeigt, immer noch ungebrochen. Bei den monströsen, erfundenen Serienkillern geht der Blick auf die Wirklichkeit allerdings immer wieder verloren. Der ehemalige FBI-Profiler John Douglas hat ihn. Er baute im FBI-Hauptquartier in Quantico, Virginia, die Behavioral Science Unit (BSU, Abteilung für Verhaltensforschung) auf. Sie erstellt psychologische Profile von gewalttätigen Serientätern. Nach seinem Ausscheiden aus dem FBI schrieb er mehrere Sachbücher, wie „Die Seele des Mörders“ und „Jäger in der Finsternis“, über seine Jagd nach Serienverbrechern, wobei natürlich Serienmörder die meiste öffentliche Aufmerksamkeit genießen. Auch in seinem neuesten Buch „Das Profil eines Mörders“ schildert er die Taten eines Serienmörders. Dieses Mal steht der als BTK-Killer bekannt gewordene Dennis Rader im Mittelpunkt des über vierhundertseitigen, eng bedruckten, langatmigen Werkes.

BTK steht für „Bind, Torture, Kill“ (Fesseln, Foltern, Töten) und beschreibt, was Rader mit seinen Opfern machte. Seine erste Tat verübte er am 15. Januar 1974 in Wichita. Er ermordete die halbe Otero-Familie. In den folgenden Jahren ermordete er bis 1991, teilweise im Abstand von mehreren Jahren, sechs weitere Frauen. Ob er danach mit dem Morden aufhörte oder ihm die Taten nicht nachgewiesen werden konnten, ist unklar. Aber weil die Todesstrafe 1994 in Kansas wieder eingeführt wurde, hatte Rader ein nachvollziehbares Motiv keine nach 1994 begangenen Morde zuzugeben. Die Polizei von Wichita hatte Lieutenant Ken Landwehr als Super-Polizisten aufgebaut. Damit wurde eine alte Idee von John Douglas verwirklicht. Er nahm an, dass Verbrecher einen Polizisten suchen, dem sie vertrauen können. Dafür wurde für die Öffentlichkeit ein Beamter zum Gesicht der Ermittlungen. Er trat zum Beispiel bei Pressekonferenzen auf. Durch seine ständige Präsenz in den Medien konnte Landwehr, genau wie Douglas vermutet und bereits in seiner Analyse von 1984 empfohlen hatte, eine Beziehung zu dem Mörder aufbauen.

Die Medien beschrieben die Verbrechen des BTK-Killers 2004 aus Anlass des dreißigjährigen Jubiläums seiner ersten Tat erneut in der Presse. Daraufhin meldete sich auch der BTK-Killer selbst wieder zu Wort. Denn er wollte, wie bereits früher, mit seinen Taten in der Öffentlichkeit stehen. Deshalb hatte er 1977 die Polizei darüber informiert, dass er eine Frau Namens Nancy Fox ermordete. Deshalb hatte er immer wieder Briefe an Zeitungen geschrieben. Verhaftet wurde er schließlich am 25. Februar 2005, nachdem die Polizei einen seiner Briefe zurückverfolgen konnte. Es kam es zu einem Austausch zwischen dem Super-Polizisten Landwehr und dem BTK-Killer. Er schickte Landwehr eine Floppy-Disk, durch die es der Polizei gelang, eine Spur aufzunehmen, die sie ohne Umwege zur Christ Lutheran Church und damit zu Dennis Rader führte. Douglas gibt in seinem Buch einen Ausspruch Landwehrs wieder: „Ich stand da und dachte: ‚Kann das wirklich so leicht sein?’ Ich konnte einfach nicht glauben, dass sein Gebrauch des Wortes ‚encase’ nur der falschen Schreibweise zuzuschreiben war.“ Nachdem die Polizei die DNS von Raders Tochter Kerri mit der an einem Tatort zurückgelassenen DNS-Spur verglichen hatte, wusste sie, dass sie den BTK-Killer hatte. Nach seiner Verhaftung gestand er seine Taten auch schnell. Am 18. August 2005 wurde Rader als zehnfacher Mörder zu zehnmal Lebenslänglich verurteilt.

Dennis Rader fiel durch seine Unauffälligkeit auf. Teilweise passte er zwar in das ‚normale‘ Serienkillerprofil. Aber in anderen Teilen war er ein ganz gewöhnlicher Mann. „Es stellte sich heraus, dass es sich um einen 59-jährigen Vater zweier erwachsener Kinder handelte. Seit 33 Jahren war er mit derselben Frau verheiratet und lebte in demselben kleinen Haus in der Gemeinde Park City, einer zehn Kilometer nördlich der Innenstadt von Wichita gelegenen verschlafenen Vorstadt. Er war lange Leiter einer Pfadfindergruppe und Vorstand seiner Kirchengemeinde gewesen, und fast fünfzehn Jahre lang war er in einer graubraunen Uniform, in der er aussah wie eine Mischung aus einem Waldhüter und einem Polizisten, durch die Straßen von Park City gefahren.“ John Douglas hatte während seines Berufslebens einige Male Kontakt mit dem Fall des BTK-Serienkillers und diese Treffen bestimmen die Struktur von „Das Profil eines Mörders“. Zum ersten Mal hörte Douglas als junger-FBI-Agent in Milwaukee von dem Fall. Später, 1979 und 1984, erstellte er jeweils ein Profil des BTK-Killers. Beim Erstellen des zweiten Profils werden auch die Taten des Serienmörders geschildert. Weil Rader zu den wenigen Serienkillern gehört, die ihre Taten und Sehnsüchte ausführlich dokumentieren, kann John Douglas das halbe Buch in epischer Breite aus diesen Unterlagen, die er in „Das Profil eines Mörders“ in einer Nacht in seinem Hotelzimmer studiert, zitieren. Am Ende gibt es dann ein ebenso ausführlich geschildertes Gespräch zwischen Douglas und Rader.

Diese letztendlich etwas umständliche Struktur führt zu Doppelungen und Längen. Denn die Morde werden zunächst aus der Sicht der Polizei als Analysen des Tatortes und später aus der Sicht des Mörders geschildert. Dazwischen beschreibt John Douglas auch immer penibel seine persönlichen Lebensumstände, Gefühle, Gespräche mit einigen Personen (glücklicherweise reportiert er nicht all seine Gespräche) und letztendlich unwichtige Details wie: „Ich rollte meinen Stuhl ganz dicht an den Schreibtisch heran und legte die Seiten auf das ganze dort befindliche Durcheinander“. So schiebt sich der Erzähler penetrant in den Vordergrund. Denn John Douglas war bei der Jagd nach dem BTK-Serienkiller nur ein Zaungast.

Literaturangaben:
DOUGLAS, JOHN/DODD, JOHNNY: Das Profil eines Mörders. Die lange Jagd nach dem BTK-Serienkiller. Übersetzt aus dem Amerikanischen von Isabel Lamberty-Klaas. Wiley-VCH Verlag, Weinheim 2008. 432 S., 24,90 €.

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