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Hans Küng: „Ist die Kirche noch zu retten?“

Katholiken müssen sich nun gegen den Papst wehren

© Die Berliner Literaturkritik, 25.05.11

KÜNG, HANS: Ist die Kirche noch zu retten? Piper Verlag, München 2011, 272 S., 18,95 €.

Von Marc Herwig

Hans Küng hat die katholische Kirche schon oft in Aufruhr versetzt. Jetzt holt der rebellische Tübinger Theologie-Professor zum nächsten Angriff aus: 272 Seiten geballte Kirchen- und Papstkritik kommen an diesem Donnerstag in die Buchläden. Vor allem Papst Benedikt XVI. und sein Vorgänger Johannes Paul II. kommen nicht gut weg. Nur eine radikale Reform könne der Kirche helfen: Weniger Papst, mehr Jesus. Notfalls müssten die Gläubigen ihre Kirche auch gegen den Willen des Papstes retten, fordert Küng. Die Chancen für eine Reform von unten seien nach dem Missbrauchskandal um katholische Geistliche so gute wie lange nicht.

Eigentlich habe er das Buch „Ist die Kirche noch zu retten?“ gar nicht schreiben wollen, betont Küng. Aber einfach schweigen könne er nicht. „Die katholische Kirche ist krank, vielleicht sterbenskrank“, schreibt der 82-Jährige. Der Priestermangel, der Mitgliederschwund, der Skandal um sexuellen Kindesmissbrauch durch katholische Geistliche - das wecke in ihm eine „Gewissenspflicht“, einen neuen Anlauf mit seinen Reformbemühungen zu nehmen.

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Neu erfinden musste sich Küng für sein neues Werk nicht, das ausgerechnet am selben Tag wie das neue Jesus-Buch des Papstes erscheint. Als Kirchenkritiker, der kein Blatt vor den Mund nimmt und auch vor dem Papst nicht zurückschreckt, ist er berühmt geworden. Mit mehr als zwei Millionen verkauften Büchern zählt er längst zu den theologischen Bestseller-Autoren. Seine Reformkonzepte wie die Abschaffung des Zölibats, die Öffnung des Priesteramts für Frauen und die Stärkung der Laien sind meist auch für eine größere Leserschaft leicht verständlich.

Dieser Linie bleibt Küng treu. Für ihn ist es vor allem die „uneinsichtige und zugleich machtfixierte Hierarchie“, die der katholischen Kirche zu schaffen macht. Die Kirche sei von einer Gemeinschaft der Gläubigen mehr und mehr zu einer „geistlichen Diktatur“ geworden. Der biblische Jesus Christus habe die Päpste beim Ausbau ihrer Macht eher gestört und sei durch ein „selbstfabriziertes Kirchenrecht“ verdrängt worden, schreibt Küng.

Inzwischen müsse Jesus diese katholische Kirche fremd vorkommen. „Wenn Jesus von Nazareth wiederkäme, würde er weder die Pille verbieten noch die Geschiedenen zurückweisen und so weiter“, ergänzte Küng am Mittwoch vor Journalisten in Tübingen. Die römische Kurie habe im Laufe der Jahrhunderte Verdikte erlassen, die den Lehren des Neuen Testaments völlig zuwider liefen. Benedikt XVI. und sein Vorgänger Johannes Paul II. hätten diesen Kurs noch einmal verstärkt und die Kirche damit noch weiter von der Lebens- und Glaubenswelt der Katholiken entfernt. Das müsse nun endlich korrigiert werden.

In zahlreichen Punkten hat Küngs Buch die gleiche Stoßrichtung wie der Reformappell, mit dem katholische Theologieprofessoren in den vergangenen Wochen Schlagzeilen gemacht haben. Allerdings geht Küng meist noch einen Schritt weiter. Vor allem aber formuliert er längst nicht so diplomatisch wie seine rund 250 Kollegen in dem Appell.

Dass sein Buch nun beim Papst oder den Bischöfen eine Rückbesinnung auf die Wurzeln des katholischen Glaubens anstoßen könnte, glaubt Küng allerdings nicht. Er sieht deshalb jeden Gläubigen selbst in der Pflicht: „Wo eine Maßnahme der übergeordneten kirchlichen Autoritäten ganz offensichtlich dem Evangelium nicht entspricht, kann Widerstand erlaubt und sogar geboten sein“, schreibt er. Katholiken dürften sich nicht alles von Rom gefallen lassen. Zum Beispiel könne er sich vorstellen, dass eine Kirchengemeinde darauf bestehe, ihren Pfarrer zu behalten, selbst wenn der heiraten wolle und somit nach kirchlichem Recht nicht mehr Priester bleiben dürfe.

Wenn die Gläubigen die Verantwortung für ihre Kirche wieder selbst in die Hand nehmen würden, dann sei die Kirche wohl noch zu retten, glaubt Küng. „Ich habe die Hoffnung nicht aufgegeben.“

Weblink: Piper Verlag


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