Werbung

Werbung

Werbung

Jim Rakete belichtet „vertraute Fremde“ mit einer Achtelsekunde

Der Fotoband „1/8 sec. – Vertraute Fremde“ von Jim Rakete

© Die Berliner Literaturkritik, 06.02.08

 

Von Thilo Resenhoeft

MÜNCHEN (BLK) – Die Arbeit und der Erfolg des Fotografen Jim Rakete lassen sich einfach beschreiben: Niemand dürfte mehr deutsche Prominente fotografiert haben, und schon gar nicht schöner oder besser. Eine Auswahl besonders gelungener Bilder, meist aus den beiden vergangenen Jahren, erscheint nun unter dem Titel „eine Achtelsekunde“ („1/8 sec.“). Der Titel erinnert an die langen Verschlusszeiten der für das Projekt benutzten Linhof-Plattenkamera, oft im Format 13 mal 18 Zentimeter.

Ja, Rakete fotografierte herkömmlich, auf Film, analog, so wie vor Jahrzehnten. Das Objektiv und der Film erfordern lange Belichtungszeiten, da heißt es stillzusitzen und stillzuhalten. Dies ist ein kleiner Preis für den Reichtum der Tonwerte, den die hochauflösenden Negative später liefern. Der Verschluss in der Optik öffnet sich oft für den achten Teil einer Sekunde, diese Zeitspanne kann man bereits hören, und währenddessen verschwimmen etwa die hinter Christiane Paul vorbeieilenden Menschen auf einem Bahnhof zu fahlen Schemen. Und lenken den Blick damit noch zusätzlich auf die Schauspielerin.

Die Bilder zeigen, warum die Silberfotografie bei Künstlern, die sich die Zeit und den Aufwand leisten können und wollen, nach wie vor hohes Ansehen genießt. Das Negativ gibt außer knackigem Schwarz und Weiß eine scheinbar grenzenlose Zahl von Grauwerten wieder. Die Bilder bergen feinste Details, von den einzelnen Barthaaren Götz Georges und Til Schweigers bis zu den Hautporen des nachdenklichen Quentin Tarantino. Wie diese hat auch Jürgen Vogel schon vor vielen Kameras gestanden. In seinem Fall begrenzt Rakete gezielt den Schärfebereich seiner Optik und arbeitet damit besonders die Augen seines kahlgeschorenen Gegenübers heraus - dieses Bild ist ein „Knaller“.

Rakete hatte keine Lust auf hektische Serienaufnahmen, „weil man nicht weiß, wonach man eigentlich sucht“. Glaubwürdige Belichtungen entstehen mit seinem „Getüm von Kamera“, mit Balgen und Drahtauslöser und gewaltigem Objektiv, erklärt er. Das Präzisionsinstrument auf schwerem Stativ verlangt Respekt und Können. Die fehlende Tiefenschärfe trennt das Motiv auf unvergleichliche Weise von seiner Umgebung. Diese Art der Fotografie erinnert an die Anfänge des Mediums, an eine Zeit, zu der dieses Handwerk noch mit „Ph“ statt mit „F“ geschrieben wurde und ohne digitale Bildsensoren, lärmenden Filmtransport oder surrenden Autofokus auskam.

Rakete sagt zu seiner Arbeitsweise: „Vordergrund, Hintergrund: einfach weg. Keine Farbe, kein Zitat, keine Mode. Was bleibt, ist die Situation, in der man die Begegnung hatte - und der Mensch, wie er wirklich ist.“ Dies gelang „im Wimpernschlag der klassischen Fotografie“, wie es der Fotograf nennt, unter anderen bei Meret Becker, Mario Adorf, Martina Gedeck, Klaus Maria Brandauer, Maria Furtwängler, Loriot, Anne Will, Franz Müntefering, Helmut Schmidt oder Katharina Thalbach. Raketes Schwarzweißbilder unterscheiden sich wohltuend von dem Großteil der sonst aus Magazinen oder vom Computermonitor schwappenden Bilderflut.

Dieser Band begleitet die große Ausstellung von Jim Raketes Photoprojekt aus dem laufenden Jahr, die am 19. Januar 2008 in der Berliner Galerie Camera Work eröffnet wird. Zu sehen bis 1. März 2008.

Literaturangaben:
RAKETE, JIM: 1/8 sec. – Vertraute Fremde. Verlag Schirmer/Mosel, München 2007. 128 S., 191 Bilder, meist s/w, 68 €.

Weblink

Verlag


Bookmark and Share

BLK mit Google durchsuchen: