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Katharina Hackers Romanprojekt

„Alix, Anton und die anderen“ ist der Auftakt zu mehr

© Die Berliner Literaturkritik, 24.11.09

Von Andreas Heimann

Für ihren vorigen Roman „Die Habenichtse“ hat Katharina Hacker den Deutschen Buchpreis bekommen. Drei Jahre später ist nun ihr nächster erschienen: „Alix, Anton und die anderen“. Es ist voraussichtlich ihr letzter im Suhrkamp Verlag: Nach fast 15 Jahren hat die in Berlin lebende Autorin die Zusammenarbeit beendet. Dabei ist der neue Roman nach ihrer eigenen Einschätzung ihr bislang wichtigstes Buch und Teil eines Romanprojekts, das nun nicht mehr mit ihrem alten Verlag fortgesetzt wird.

„Alix, Anton und die anderen“ ist eine Geschichte über zerstörte Illusionen, über Träume, die nicht mehr wahr werden, über Freundschaft und verlorene Liebe. Die wichtigsten Personen werden schon auf der ersten Seite vorgestellt: Das in die Jahre gekommene Ehepaar Clara und Heinrich, das sich schon lange kaum noch etwas zu sagen hat, ihre labile Tochter Alix, deren Mann Jan sowie dessen Freund Anton, beides Ärzte. Sie treffen sich seit 19 Jahren sonntags zum Essen bei Clara und Heinrich.

Die Diskussion über die Frage, ob es nicht auch einmal ein vietnamesisches Restaurant sein könnte, zeigt allerdings, dass nicht alle so weitermachen wollen wie bisher. Denn das Gefüge an Gewohnheiten und Traditionen, das die Protagonisten zusammenhält, kettet sie auch aneinander. Die Ehe von Heinrich und Clara, beide um die 80, besteht nur noch auf dem Papier. Kaputt ging ihre Beziehung vielleicht schon, als Heinrich kalt und verständnislos auf den Tod des ersten Kindes reagierte und mit dem zweiten noch weniger anfangen konnte. Das Thema ist tabu und trotzdem nicht aus der Welt.

Alix hat, ohne es zu kennen, immer unter diesem Trauma gelitten, das ihre Mutter überängstlich werden ließ. Vielleicht ist es einer der Gründe dafür, dass Alix selbst nie ein Kind bekommen hat. Ihr Verhältnis zu ihrem schwulen Freund Bernd ist oft enger als das zu ihrem Mann. Bernd wiederum leidet noch immer darunter, von seinem Partner verlassen worden zu sein. Jan schleppt die Erinnerung an den Unfalltod seiner Eltern mit sich herum. Anton hat seinen Traum, Medizinprofessor zu werden, nie verwirklicht.

Nein, das Bild, das Katharina Hacker von diesen Mittvierzigern zeichnet, leuchtet nicht: Es sind Persönlichkeiten, die nicht die geworden sind, die sie werden wollten. Und sie haben im besten Fall Partner, aber alle keine Familie. „Hast du keine Kinder?“, fragt ein Mädchen Alix. „Nein, ich habe keine Kinder“, antwortet sie. „Bist du traurig?“ Und Alix: „Ja, ein bisschen.“ Immerhin für Anton reserviert das letzte Kapitel eine positive Wendung: Er verliebt sich.

Katharina Hacker erzählt ihre Geschichte in einer unaufgeregten Sprache, für die schon ihr Romandebüt „Der Bademeister“ gelobt wurde. Und auch die Vielschichtigkeit, die Kritikern an früheren Werken auffiel, ist augenfällig, bei „Alix, Anton und die anderen“ sogar auf den ersten Blick: Der Roman besteht aus zwei Erzählsträngen, die optisch getrennt nebeneinander stehen. Man liest gewissermaßen zwei Geschichten parallel - oder eine Geschichte aus zwei Blickwinkeln. Und die Geschichte hört zwar auf, ist aber nicht zu Ende. Katharina Hacker hat sie bereits weitergeschrieben. Das erste neue Kapitel steht auf ihrer Website im Internet. Es geht also weiter, man darf gespannt sein.

Literaturangabe:

HACKER, KATHARINA: Alix, Anton und die anderen. Suhrkamp Verlag, Frankfurt/Main 2009. 127 S., 19,80 €.

Weblink:

Suhrkamp Verlag

 

 


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