BRESLAU (BLK) – Der polnische Starregisseur Krystian Lupa will kein „Theater-Guru“ sein. Gerade in der Kunst könne eine solche Rolle sehr gefährlich sein, sagte Lupa der Deutschen Presse-Agentur dpa in Breslau vor der Verleihung des Europäischen Theaterpreises am Sonntag. Menschen, die den „Meister“-Titel beanspruchten, wollten damit oft nur ihre eigene Unsicherheit kaschieren.
Der 65-Jährige hatte sich für den Tag seiner Auszeichnung etwas Besonderes ausgedacht. In der Inszenierung „Persona“ brachte er zwei Gestalten auf der Bühne zusammen, die auf den ersten Blick nichts miteinander haben: die amerikanische Sex-Ikone Marilyn Monroe (1926-1962) und die französische Philosophin und Mystikerin Simone Weil (1909-1943). Gemeinsam seien ihnen „extreme Träume“ sowie der Wille, bei der Suche nach Traumverwirklichung die Grenzen eigener Persönlichkeit zu überschreiten, erläuterte Lupa. Eine Folge dieser Lebenshaltung sei aber der Hang zur Selbstmythologisierung. Monroe, die er als „Stradivarius des Sex“ bezeichnete, sei nicht nur eine Wegbreiterin der sexuellen Revolution in der prüden Welt des amerikanischen Bürgertums gewesen. Faszinierend sei auch ihr Drang zur Weiterentwicklung.
Mit „Persona“ – die Uraufführung stand am Sonntag in Breslau auf dem Programm – setzte Lupa seine künstlerische Analyse berühmter Persönlichkeiten fort. In seiner achtstündigen Inszenierung „Faktory 2“, im vergangenen Jahr im Krakauer Teatr Stary entstanden, geht es um den Pop-Art-Künstler Andy Warhol.
Lupa, der aus Oberschlesien stammt, fühlt sich österreichischen Autoren am meisten verbunden. Österreichische Literatur gehöre zu Mitteleuropa, sie entspreche voll und ganz der Mentalität der Schlesier sowie der Menschen aus Kleinpolen (Südpolen um Krakau), sagte Lupa. Sie sei „Asyl für Menschen aus dem Grenzland“, so der Regisseur. Er verwies auf das slawische Element in der österreichischen Literaturgeschichte und darauf, dass „Musil ein Tscheche und Kafka ein Jude“ waren. Lupa hat in den vergangenen Jahren unter anderem Werke von Robert Musil, Thomas Bernhard, Hermann Broch und Rainer Maria Rilke auf der Theaterbühne in Szene gesetzt.
Als in Jastrzebie Zdroj bei Katowice geborener Schlesier betonte Lupa, dass seine Mentalität ein „starkes deutsches Element“ enthalte. Manchmal hielten die Schlesier das für einen Fluch, manchmal seien sie stolz darauf. Er selbst habe sich niemals mit seinen polnischen Nachbarn voll identifizieren können. Er sei immer anders gewesen, sagt er. Meine Heimat sei dort, wo Freunde und interessante Leute lebten, bekannte Lupa.