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Keine weiteren Kürzungen in Kulturetats

Michael Naumann (SPD) warnt vor Sparkurs im Kulturbereich

© Die Berliner Literaturkritik, 15.02.10

BERLIN (BLK) - Der frühere Kulturstaatsminister Michael Naumann (SPD) hat vor weiteren Kürzungen der Kulturausgaben gewarnt. Die Politik müsse auch das Glück und die Freiheit der Menschen sichern, sagte Naumann der Deutschen Presse-Agentur dpa und kritisierte: „Politiker sehen sich in diesem Land als Mäzene, die sich herabneigen und der Kultur etwas spenden aus dem Steuersäckel - niemals würden wir das vom Verteidigungsminister sagen“, meinte der 68-Jährige. „Deutschlands Freiheit wird in Wahrheit nicht am Hindukusch verteidigt, sondern in den Theatern, Konzertsälen, Opernhäusern, Museen und Buchläden und natürlich in den Schulen - dort wird unsere Freiheit in Wirklichkeit konstituiert und verteidigt.“

Die Kulturausgaben seien keine Subventionen, betonte Naumann und argumentiert damit wie der jetzige Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU). „Kein Mensch sagt, die Bundeswehr wird subventioniert, aber die Kultur wird angeblich subventioniert. Das ist lächerlich. Das Volk der Dichter und Denker ist in Wirklichkeit noch immer befangen in einer Vorstellung von Politik als etwas Kulturfernem.“

D
rohende drastische Kürzungen in manchen Kulturetats der Länder und Kommunen stellen nach Naumanns Auffassung die Grundsatzfrage in einer Gesellschaft: „Für welchen Zweck macht man eigentlich Politik? Einzig und allein dafür, dass die Menschen in Sicherheit leben, nicht verhungern, oder macht man Politik dafür, dass die Menschen glücklich in Sicherheit leben, frei sind und nicht verhungern. Diese Definition, was Glück und frei sein heißt, findet in letzter Instanz auch nicht an den Universitäten, sondern in den Künsten statt.“

Das bedeute auch, „wenn Politik ausgerechnet an diesem sowieso schon schwachen Feld kürzt, kürzt sie an ihrem eigenen inneren Sinn. Das müssen auch die jetzt in Not geratenen Kommunalpolitiker verstehen. Und jeder Kommunalpolitiker, der sich entscheidet, Bilder eines Museums zu verkaufen, weil sie ihn nicht interessieren, macht weitreichende Kulturpolitik, und zwar schlechte“, sagte der Publizist und frühere Verleger, der seit Anfang Februar in Berlin die Redaktion des Magazins „Cicero“ leitet.

Naumann verwies auf Wuppertal, wo überlegt werde, ein Theater zu schließen, und damit einen Ort, an dem Pina Bausch Tanztheater-Weltgeschichte geschrieben habe. Wenn man ernsthaft daran denke, diesem wahrhaft historischen Ort den Finanzhahn zuzudrehen, dann sei das einfach „eine Schande, und ein völlig falsches Signal sowieso“.

N
aumann räumte allerdings ein, dass Krisenzeiten auch Gelegenheit gäben, manche „liebgewordenen und eingefahrenen“ Zuschüsse in der Kulturszene zu überdenken. Ähnliches hatte kürzlich auch der Präsident der Berliner Akademie der Künste, Klaus Staeck, zur Diskussion gestellt („Es muss nicht alles immer so bleiben wie es ist“).

„Das stimmt“, meinte Naumann. „Ich kann mich zum Beispiel lebhaft an die Widerstände erinnern, als ich als Staatsminister die Zuwendungen für die Kulturarbeit der Vertriebenen gekürzt habe. Darunter waren viele unsinnige Ausgaben, die auch bei objektiver Betrachtung durch Gutachter als skandalös bezeichnet wurden, zum Beispiel für Kreuzstickkurse nach ostpreußischem Muster oder für ein Heimatmuseum mit nicht mehr als 1500 Besuchern im Jahr. Also, man kann sich durchaus immer wieder fragen, ob manche staatlichen Kulturfinanzierungen noch sinnvoll und zeitgemäß sind. Aber die Grundhaltung der Kulturpolitik muss stimmen, die den Stellenwert der Kultur in Ländern und Kommunen mindestens als ebenbürtig und gleichwertig mit anderen Politikfeldern ansehen muss.“ (dpa/wer)


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