Werbung

Werbung

Werbung

Kissinger über Bismarck

Kommentar zur neuen Biografie

© Die Berliner Literaturkritik, 08.04.11

Steinberg, Jonathan: Bismarck - A Life. Oxford University Press Verlag, 592 S. 21,95 €. 

Von Johannes Ruckstuhl

NEW YORK (BLK) - Obwohl eher bekannt als “Realpolitiker” während der Nixon-Ära, macht der Ex-Berliner und Ex-US-Außenminister Henry Kissinger nun in der “International Herald Tribune” (Samstag, 2.4.2011) in einer Rezension über die kürzlich neu erschienene Bismarck Biografie von Jonathan Steinberg aufmerksam. Das Buch – englisch erschienen bei Oxford University Press – erweckt zurzeit neues Interesse an der Deutschen Geschichte des 19. Jahrhunderts. Bismarcks Aufstieg vom Abgeordneten zum Gesandten und schließlich zum Reichskanzler  beschreibt gleichzeitig eine der wichtigsten Phasen deutscher Macht-und europäischer Bündnispolitik.

 Als „größte diplomatische und politische Leistung der letzten 200 Jahren“ beschreibt Biograf Jonathan Steinberg, Professor an der Universität Pennsylvania, die Deutsche Reichsgründung. Otto von Bismarcks Aufstieg war höchst ungewöhnlich: Ohne Armee, Parlament oder blutige Revolution ist es Ihm gelungen, die 39 Deutschen Fürstentümer zu vereinen, nachdem das Alte Reich durch die Napoleonischen Kriege auseinander gebrochen war. Mit detaillierten Recherchen ist es Steinberg gelungen, Bismarcks Werdegang von seiner Zeit als Botschafter in Moskau, über die Jahre als Bundes- und Reichskanzler, bis zu seiner Ablösung durch von Caprivi 1890.Mit Zeugnissen von Zeitgenossen aller politischen Couleur und umfangreichem Pressematerial entsteht ein umfassendes, gut dokumentiertes Portrait.

Die Biografie ist aber durchaus mehr als die Hymne zu Preußens Glorie. Steinberg verdeutlicht überzeugend Bismarcks Problematik, das Erreichte zu konsolidieren. Da die Streitkräfte geteilt an der Ost- und Westfront standen, vertraute der Stratege Bismarck auf eine geschickte Bündnispolitik Er schloss etliche und teils überlappende Militärbündnisse, unter anderem mit Österreich und Russland. Er hoffte, damit Frieden und Kooperation – vor allem  mit Frankreich – zu sichern; mit teils verheerenden Folgen, die schließlich auch für das 20. Jahrhundert prägend wirkten.

Bismarck wird von Steinberg oft mit Hitler verglichen. Die hergestellten Parallelen last Kissinger in dieser Form nicht gelten. Während “Hitler ein romantischer Nihilist gewesen sei, müsse man Bismarck als Rationalist sehen. Ebenso sei die preußische Expansionspolitik nicht mit jener der Nationalsozialisten zu vergleichen - Europa zu erobern war nie Bismarcks Ziel. Während Hitler ein chaotisches Vakuum ungeahnten Ausmaßes hinterlassen habe, assoziiere man Bismarck zurecht mit einem in sich gefestigten Staat.

Kissingers langjährige politische Erfahrung ist nicht überhörbar. Dabei schreibt er mehr über Bismarck selbst als über die Inhalte der Biografie. In Kissingers Rezension spiegelt sich nicht zuletzt dessen eigene  politische Erfahrung und es spricht für Steinbergs Buch, wenn ein ausgewiesener Kenner wie Kissinger es für die beste Bismarck-Biografie in englischer Sprache hält.

Weblink: Oxford University Press


Bookmark and Share

BLK mit Google durchsuchen: