Von Stephanie Schick
Mehr Aktualität könnte ein fast achtzig Jahre altes Werk wohl kaum aufbieten. Jüngst ist Hans Falladas Buch „Kleiner Mann, was nun?“ als Hörspielproduktion des NDR erschienen und passt wunderbar in unsere Gegenwart samt ihren Debatten um Arbeitslosenquoten und sozialen Abstieg.
Was Fallada 1932 seine Protagonisten Johannes Pinneberg und Emma Mörschel, alias Lämmchen, durchleben lässt, gleicht in vielerlei Hinsicht unseren sozialen Problemen. Johannes verliert seine Arbeit und kann somit seiner kleinen Familie keine Sicherheiten mehr bieten. Denn in der Weimarer Republik samt ihrer Massenarbeitslosigkeit war es selbst für kerngesunde, junge Männer fast unmöglich eine neue, rentable Festanstellung zu erlangen. Und doch gibt das junge Paar nicht auf. Sie ziehen in den Großstadtmoloch Berlin, wo Ehrlichkeit weniger zählt als halbseidene Geschäfte. Mithilfe dubioser Machenschaften, die weder Johannes noch Emma in ihrer Naivität tatsächlich auffallen, gewinnen sie wieder Boden unter den Füßen.
Lämmchen sucht und findet schließlich eine bescheidene Bleibe ohne jeglichen Komfort. Überhaupt zählen andere Dinge und es bleibt wenig Zeit, die Zukunft zu fürchten, denn Lämmchen erwartet ein Kind. Wenn Murkel in Emmas Bauch strampelt, sind für kurze Zeit alle Sorgen verflogen.
Vor dem Hintergrund der großen Weltwirtschaftskrise in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts entstand dieser grandiose Gesellschaftsroman. Statt der heute üblichen Schwarzmalerei und des Phlegma spielen hier zwei junge Menschen vor, wie ein optimistisches und glückliches Dasein in bitterster Not gelingt.
Hans Fallada wusste jedenfalls, wovon er da schrieb. Er selbst fiel der dekadenten Lebensweise der Jahrhundertwende zum Opfer, als er früh Nietzsches Nihilismus im Duellieren überprüfte. Dabei starb sein Freund und er selbst wurde schwer verletzt. Drogenabhängig verfehlte er jeden Schulabschluss und schlug sich mit Gelegenheitsjobs durch. Seine künstlerische Laufbahn wurde immer wieder auch von Gefängnisbesuchen unterbrochen und hielt nur bis 1947 an, als er an seiner Alkoholsucht starb.
Doch hörenswert ist diese CD nicht nur wegen ihres Plots. Auch die Inszenierung durch Laura Maire und Matthias Brandt, einem der Söhne des ehemaligen Bundeskanzlers Willy Brandt, verleiht dem gut 75-minütigen Hörspiel die nötige Würze.
Alles in allem ein Hörgenuss, dessen Anschaffung für lange Winterabende durchaus zu empfehlen ist!
Fallada, Hans: Kleiner Mann was nun? Hörspiel Literatur, Der Audio Verlag, 1 CD(s) - 74 min., 14,99 €.