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Kleist-Preis 2008 für Max Goldt

Autor und Musiker im Berliner Ensemble geehrt – „Passt schon!“

© Die Berliner Literaturkritik, 27.11.08

 

BERLIN (BLK) – Am Sonntag (23. November) wurde im Berliner Ensemble der Literaturpreis der Heinrich-von-Kleist-Gesellschaft an den Autor und Musiker Max Goldt verliehen. Über die Vergabe der Auszeichnung hatte Daniel Kehlmann („Die Vermessung der Welt“), als letztjähriger Preisträger zur Vertrauensperson der Jury bestimmt, entschieden.

Der Kleist-Preis ist mit 20.000 Euro dotiert und wird jährlich vergeben. Im Gedenken Kleists, des unglücklichen Dichters, wird der Preis an herausragende Literaten vergeben, die in ihrer Kunst ein ungewöhnliches Talent offenbaren und sich nicht an Massengeschmack und artifiziellen Moden orientieren.

Der Vorsitzende der Heinrich-von-Kleist-Stiftung, Professor Günter Blamberger, sprach im Namen der Jury Max Goldt seine Hochachtung aus. In der Arbeit Max Goldts sei eine sprachliche Genauigkeit zu erkennen, die sich gegen gedankliche Verschleierungen aus dem Geiste politischer Korrektheit verwahre. Als Autor wisse er definitorisch Gebotenes und persönliche Emotion zu trennen, ein wichtiges Anzeichen literarischer Redlichkeit.

Blamberger würdigte Goldt als Moralisten. Dessen Beharrung auf der Präzision des Ausdrucks wirke aus dem Geist der Skepsis und leiste weit mehr als „Alltagspoesie“. Max Goldt rede „manchmal wie die Meisten, um zu denken wie die Wenigsten“. Im Nonsens Goldtscher Prägung spreche sich Widerstand gegen den Verlust der kulturellen Identität aus, sein Witz und seine Höflichkeit schafften Distanz und ermöglichten so erst Vielfalt. Max Goldt sei als Moralist durch den Geist der Skepsis in der Tradition Nietzsches, Adornos und nicht zuletzt Kleists zu sehen.

Als Vertrauensperson der Jury, Laudator und Schriftsteller sprach Daniel Kehlmann mit Hochachtung von Max Goldts Verdiensten um die Kultur des Komischen. Dieser fasse Wirklichkeit in Sprache und erzeuge Komik ohne Oberflächlichkeit. Goldts eigentliches Thema sei die schöpferische Kraft der deutschen Sprache selbst. Indem seine Literatur ohne narrative Ermächtigungstendenzen auskomme, leiste sie eine Bewusstmachung der ethischen Minimalentscheidungen des Menschen.

Als Schriftsteller stehe er in der Tradition Thomas Manns. Sein Witz resultiere aus selbstbewussten sprachlichen Manierismen und deren Konfrontation mit dem „Medienmüll“. Kehlmann unterstrich darüber hinaus, dass die Ehrung Max Goldt auch für dessen Verdienste als Comictexter zukomme. Witz sei bei ihm stets mit Erkenntnis verbunden, seine Gelassenheit gegenüber der Wirklichkeit präge seine humorvolle Satire. So werde Goldt auch Schillers Kunstgebot, den Gegenstand mit Schönheit zu behandeln, gerecht. Was in Max Goldts Kunst Strukturprinzip sei, könne als Lebensziel gesehen werden: Das Zufällige des Lebens zu erkennen und über dessen Ungereimtheiten zu lachen.

Max Goldt präsentierte sich in seiner Dankesrede in eben diesem Sinne als spöttischer Skeptiker und erhob sie selbst zur Kunstform. Gewöhnlich werde er gefragt, ob er sich eher als Alltagsbeobachter, Satiriker, Kolumnist oder Kult-Autor sehe. Launig und subversiv gab er zu verstehen, dass er kein Etikett für sich beanspruche: Auch unter „Schriftstellern“ würden zunehmend allzeit bereite Dienstleister verstanden, die sich vor jeden medialen Karren spannen ließen. Solche gesellschaftlichen Zurichtungen mache er nicht mit.

Und auch über seine unmittelbare Reaktion auf die Überbringung dieser frohen Botschaft klärte er das Publikum auf. Als Daniel Kehlmann sich von seinem Tofu-Gericht erhoben und ihn unvermittelt gefragt habe: „Max, würdest Du den Kleist-Preis entgegennehmen?“, habe er geantwortet: „Passt schon“.

Von Mirco Drewes


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