Von Heinz-Peter Dietrich
BASEL (BLK) – „Hunkeler und die goldene Hand“ heißt der neueste Kriminalroman um den Schweizer „Kommissär“, der so viel Ähnlichkeit mit seinem Autor Hansjörg Schneider hat. Schneider feiert am 27. März (Donnerstag) seinen siebzigsten Geburtstag, und auch Hunkeler hat eigentlich das Pensionsalter längst erreicht. Er aber begibt sich wiederum in die Niederungen der Gesellschaft, gilt es schließlich, den Mord an einem alten, schwulen Kunsthändler aus Basel aufzuklären, der an Hunkeler vorbei treibt, als er im Außenbecken des Solbades Eden in Rheinfelden seine Rückenbeschwerden kurieren will.
Auch Schneiders siebter Band in der Hunkeler-Reihe spielt im Dreiländereck, der Kommissär ist wieder einmal nicht mit den augenscheinlich logischen Erklärungen seiner Kollegen zufrieden, sondern setzt auf Intuition und Menschenkenntnis, die vielleicht nicht zuletzt eine Gabe des Alters sind. Der Band, am 11. März erschienen, sei schon in der ersten Woche auf Platz drei der Schweizer Bestseller-Liste geklettert, berichtet der publizierende Ammann Verlag aus Zürich.
Schneider und sein Kommissär Hunkeler haben viele Gemeinsamkeiten, als Alter Ego will der Schriftsteller ihn aber nicht verstanden wissen. Und doch: Beide kommen aus dem Kanton Aargau im Norden der Schweiz, arbeiten und wohnen in Basel, frequentieren die gleichen Kneipen, wie zum Beispiel das „Milchhüsli“, fühlen sich dort genauso fremd und flüchten von Zeit zu Zeit ins Elsass. Schneider wie Hunkeler sahen sich in Basel nie richtig willkommen, haben sich nie integriert. Das verschafft dem Kommissär, wie er in der Schweiz heißt, die nötige Distanz beim Lösen seiner Fälle und dem Schriftsteller ein großes Maß an Freiheit. Einer der derzeit erfolgreichsten Autoren der Schweiz kann sich nahezu unerkannt durch die Rhein-Metropole bewegen.
Schneider studierte an der Universität Basel Germanistik, Geschichte und Psychologie. Nach seiner Promotion bei Walter Muschg arbeitete er als Lehrer, Journalist und als Regieassistent am Theater Basel. Er gehört zu den meistgespielten deutschsprachigen Dramatikern („Sennentuntschi“, „Erfinder“, „Lieber Augustin“). Kürzlich legte er „Jesus und die drei Mareien“ vor, einen Theatertext, der die Lebensgeschichte Jesu mit Wortwitz, direkt und packend im Dialekt erzählt und der in Luzern aufgeführt wurde.
Schneider schrieb zahlreiche Romane („Lieber Leo“, „Das Wasserzeichen“) und Erzählungen („Lebök“, „Distra“). Einem breiteren Publikum ist er jedoch erst in jüngerer Zeit durch seine Krimis bekannt geworden. Für sie wurde ihm 2005 auch der Friedrich-Glauser-Preis der deutschsprachigen Krimi-Autoren verliehen. Neben zahlreichen anderen Auszeichnungen erhielt er 2003 den „Preis der Schweizerischen Schillerstiftung“ (2003) für sein Gesamtwerk.
Hunkeler – die Krimireihe um den bärbeißigen Kommissär begann mit „Silberkiesel“ 1993 – ist verwandt mit Dürrenmatts Kommissär Bärlach und auch mit Simenons Maigret, noch näher aber steht ihm Friedrich Glausers Studer. Hunkeler ist einer, der sich keine Illusionen mehr macht. Er ist nicht erpicht auf den nächsten Fall, sondern sehnt sich, im Gegenteil, nach der Rente. Doch ist der nächste Fall dann da, kann er sich ihm nicht entziehen und nimmt sich seiner durchaus sozialkritisch an.
Hunkeler und Schneider leben offiziell in Basel, doch seit rund zehn Jahren zieht es Schneider immer öfter in den Schwarzwald, nach Todtnauberg. Hier lebt er und hier schreibt er fast die Hälfte des Jahres über, und hier finden anlässlich seines Geburtstages auch vom 18. bis 20. April die „Hunkeler-Tage“ mit Lesungen, Diskussionen und Verfilmungen seiner Bücher statt. Ob er seine Erfolgsfigur jetzt in den Ruhestand schickt, weiß er noch nicht, meinte Schneider jüngst in einem Interview. Er selbst jedenfalls habe keine Angst vor dem Alter: „Es kommt, wie es kommt.“
Literaturangaben:
SCHNEIDER, HANSJÖRG: Hunkeler und die goldene Hand. Roman. Ammann Verlag, Zürich 2008. 256 S., 18,90 €.
---: Jesus und die drei Mareien. Nach den vier Evangelien. Theaterstück in Schweizerdeutsch. Ammann Verlag, Zürich 2007. 100 S., 12 €.
---: Das Wasserzeichen. Roman. Ammann Verlag, Zürich 2002. 278 S., 14,90 €.
---: Stücke. Sennentuntschi / Der Erfinder/ Der Schütze Tell. Ammann Verlag, Zürich 1999. 228 S., 17,90 €.
---: Lieber Leo. Roman. Ammann Verlag, Zürich 1999. 256 S., 18,90 €.
---: Silberkiesel. Roman. Ammann Verlag, Zürich 1993. 216 S., 17,90 €.
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