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Leben und Sterben in unruhigen Zeiten

Das bewegte Leben der Frau hinter Kanzler Kohl

© Die Berliner Literaturkritik, 15.05.12

SCHWAN, HERIBERT: Die Frau an seiner Seite. Heyne Verlag, München 2011. 320 S., 19,90 €.

Von Claudine Borries

Jeder erinnert sich noch an die treue Kanzlergattin Hannelore Kohl, deren tragischer Freitod im Jahr 2001 die Deutschen erschütterte.

Sie war als Tochter gut situierter Leute 1933 in Berlin zur Welt gekommen. Ihr Vater war ein gut aussehender Mann, der seine Tochter mit Liebe und Warmherzigkeit umgab, während die Mutter eine kühle und distanzierte Ausstrahlung Zeit ihres Lebens beibehielt. Hannelore wuchs zunächst gut behütet und wohl erzogen in einem begüterten Klima auf.

Das änderte sich radikal mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1945. Beide Eltern waren Nazis, der Vater gar ein erfolgreicher Waffenproduzent. Er stand in Leipzig einem größeren Rüstungskonzern vor, der mit seinen Zwangsarbeitern   unmittelbar in Hitlers Gräueltaten verstrickt war. 

Auflösungserscheinungen, Flucht, Vergewaltigungen und Überfälle legten nach dem Ende des Krieges die gesamte geordnete Welt der Hannelore Kohl in Trümmer. Sie flüchtete mit der Familie in die Pfalz und lernte dort mit 15 Jahren ihren späteren Mann Helmut Kohl kennen.

Mit kolossaler Spannung folgt man den Zeitspuren, denen der Journalist Heribert Schwan im Leben von Hannelore Kohl nachgegangen ist. Er zeichnet ein sorgfältiges und freundliches Bild der ehemaligen Kanzlergattin. Sie war trotz vieler Widrigkeiten in ihrem Leben stets eine pflichtgetreue und loyale Partnerin ihres Mannes.

Das Politikerdasein hatte sie sich nicht ausgesucht. Ihre Träume von einem geordneten und zurückhaltenden Familienleben an der Seite ihres Mannes musste sie schon bald nach der Eheschließung begraben. Helmut Kohl hatte sich für ein Leben in der Politik entschieden, das die Familie langsam in den Hintergrund verbannte. Getreu ihrer Erziehung bemühte sich Hannelore Kohl, den Zielen ihres Ehemannes nicht im Wege zu stehen.

Schwan würdigt ihre Verdienste, zeigt ihren Fleiß, ihre Selbstdisziplin und die tragische Verstrickung ihrer persönlichen Lebensgeschichte mit dem öffentlichen Leben ihres Mannes. Sie war keineswegs die „Barbiepuppe“ aus Oggersheim, als die man sie gelegentlich wahrnahm, sondern eine empfindsame, pflichtbewusste und liebevolle Mutter und Ehefrau. Zusätzlich hat sie sich mit der Gründung des Kuratoriums ZNS, der Hannelore-Kohl-Stiftung für Verletzte mit Schäden des Zentralen Nervensystems, unveräußerliche Verdienste erworben.

Mit der Krankheit „Lichtallergie“, die sie 1993 nach einer falschen Medikation befallen hatte, und die letztlich zum Tode von Hannelore Kohl beigetragen hat, setzt sich der Autor in seiner Schrift ernsthaft und korrekt auseinander. Er hat Ärzte, Freundinnen und Weggefährten befragt, so dass sich ein für die Biographie gerundetes und abgewogenes Bild ergibt.

Das Leben dieser ungewöhnlichen Frau beschreibt Heribert Schwan mit Einfühlungsvermögen und Empathie, so dass man sich ganz in den wechselvollen und tragischen Lebensverlauf  Hannelore Kohls hineingezogen fühlt. Die Geschichte der Bundesrepublik, die mit 16 Jahren Kanzlerschaft von Helmut Kohl verbunden war, ersteht noch einmal in vielseitigen Facetten. Der Fall der Mauer und der Neubeginn nach der Wiedervereinigung beider deutscher Staaten ist mit Kohls Kanzlerschaft untrennbar verbunden. Hannelore Kohl hatte unleugbar als getreue Begleiterin ihres Mannes ihren Teil daran.

Die Biographie von Heribert Schwan zeigt noch einmal in  aller Deutlichkeit, wie entbehrungsreich und emotional belastend das Leben als Politikergattin sein kann!


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