BERLIN (BLK) – Im Berliner Rogner & Bernhard Verlag erschien 2008 Dan Kennedys Erzählung „Rock on“.
Klappentext: Die Musikindustrie ist nichts für Leute, die Musik lieben. Dan Kennedy, in den 90er Jahren bei dem legendären New Yorker Label „Atlantic Records“ angestellt, kann davon ein Lied singen. Kennedys einziges Interesse galt immer dem Rock ’n’ Roll. Als Junge besorgte er sich heimlich Platten von Led Zeppelin und Iggy Pop, bei Kostümpartys verkleidete er sich als Gene Simmons von Kiss, und in der Schule improvisierte er seine erste Band mit Besen und Haushaltsgeräten. Als er später ein Jobangebot von Atlantic Records bekommt, scheint ein Traum in Erfüllung zu gehen. Doch die Zeiten, wo hier Musikgeschichte geschrieben wurde, sind vorbei. Kennedys erster Auftrag ist die Konzeption einer Werbekampagne für eine Phil Collins Jubiläums-CD, die sich an ein älteres weibliches Publikum richten soll. Phil Collins ist für Kennedy so ziemlich das letzte, was die Popindustrie jemals hervorgebracht hat. Das nächste Projekt ist jedoch eine Herausforderung: Ein Werbefilm für den goldkettenbehängten Rapper Fat Joe, der im Büro des Chefs ungestört Hasch raucht und einen 30.000 Dollar teuren Pelz verlangt, um die Aufnahmen fortzusetzen. Kennedy findet sich in einer Welt wieder, in der eine surreale Anekdote die nächste jagt. Seine rasante, groteske Erzählung führt uns direkt in die Abgründe der Plattenindustrie.
Dan Kennedy schreibt regelmäßig für das Magazin „McSweeney’s“ und ist Autor des Buches „Loser goes first“. Er lebt in New York. (lea/wip)
Leseprobe:
© Rogner & Bernhard ©
„Okay, stopp. Nicht durchdrehen jetzt. Reiß dich zusammen und denk nach:
Was wissen wir bereits über Phil Collins?
Wir wissen, dass er Liebe nicht erzwingen kann, das hat er selbst zugegeben.
Er hat auch gesagt, er kann Liebe nicht stoppen.
Außerdem ist er ein Mensch, der – bei allem, was heutzutage so los ist in der Welt – glaubt, es sei nicht zu spät für die Liebe.
Alles in allem hat er klar durchschaut, dass Liebe ein liebevolles Gefühl ist, das man hat, wenn man sich – against all odds – verliebt. Noch dazu besitzt er die Bescheidenheit einzugestehen, dass seine Liebe auch dann nicht aufhört, wenn – und hier wird’s interessant – wenn die andere Person aufhört, ihn zu lieben. Das verkündet er in seinem neuen Song, den ich gerade höre, er sagt: Can’t Stop Loving You.
Würde man in diesem Moment das Time-Warner-Gebäude von außen betrachten, sähe man ein perfektes Gitternetz aus Stahl und Glas, das sich in zahllose quadratische Büros aufteilt, und in jedem dieser Büros säße jemand still und zuversichtlich an seinem Schreibtisch. Nur in einem einzigen kleinen Quadrat läuft ein kleiner Mann auf und ab, hebt den Blick zur Decke und murmelt leise vor sich hin: Scheiße. Scheiße, scheiße, scheiße.
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Literaturangaben:
KENNEDY, DAN: Rock on – Eine musikalische Groteske. Aus dem Amerikanischen von Heike Steffen. Rogner & Bernhard Verlag, Berlin 2008. 256 S., 19,90 €.
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